Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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ihn umgaben. In dem Streben nach Wahrheit lag auch die ganze 
künstlerische Ueberzeugung Waldmüller’s. Dass er darin, nament 
lich in letzter Zeit vielleicht auch etwas zu weit ging und ab 
und zu sogar, wie man ihm von mancher Seite nachsagte, gegen 
den Geschmack gesündigt habe, kann ihm nicht übel genommen 
werden, war doch das Gesunde und Echte seiner Kunst, gar für 
die Wende der Zeit, in der er wirkte, so mächtig und wahrlich 
massgebend genug, um über kleine Schwächen, in welche er in der 
Consequenz seines künstlerischen Willens gerieth, hinwegsehen zu 
können. Deshalb muss auch sein scheinbarer Hass gegen die alten 
Meister richtig gedeutet werden, 
denn, nicht eigentlich die alte 
Kunst hasste er, von der er 
sicher viel gelernt haben mochte, 
sondern die für ihn gründlich 
falsche Methode, mit ihr allein 
zu lehren, ehe der Schüler die 
Natur und ihre Formen kennen 
gelernt hat. Und damit hatte 
Waldmüller nur zu sehr Recht, 
denn was der Schüler von der 
Natur, der lautersten Lehrerin 
lernt, wird sein persönliches 
Eigenthum, was er aber, ohne 
noch befähigt zu sein, an Form 
und Wesen aus den Schöpfungen 
Anderer, ohne Vergleich mit 
der Natur zu erkennen glaubt, 
wird Plagiat und seelenloses 
Machwerk. 
dar, welch’ eine geistige und seelische Kraftnatur Waldmüller 
gewesen. 
Auf gleicher Höhe, wie diese Ueberzeugungstreue, mit der er das 
Wort führte, steht auch sein Thun als Künstler, seine Werke sprechen 
stets die lautere Wahrheit und sein Schönheitssinn ist dabei nicht 
untergegangen, wenn er auch den ganzen akademischen Kram von 
materiellen und sogenannten wissenschaftlichen Hilfsmitteln verwirft, 
dem er nicht zuzumessen im Stande ist, dass damit auch nur eine 
künstlerische Idee zu wecken wäre. Doch genug hierüber, es erhellt 
aus Allem, was Waldmüller gethan und gewollt, dass er ein 
wahrhaft selbstloser Reformator 
gewesen, den unsere Zeit erst 
ganz und voll erkennt und dem 
nach schätzt und ehrt.*) 
Ferdinand Georg Wald 
müller ist der Sohn wenig be 
mittelter Wirthsleute auf dem 
»Tiefen Graben« in der inne 
ren Stadt gewesen und erblickte 
am 15. Jänner 1793 das Licht 
der Welt. Sein Vater hiess 
Georg Waldmüller und seine 
Mutter, Elisabeth, war eine 
geborene Wittmann. Der Tauf 
name unseres Meisters lautet 
* - 
— wie Dr. Oscar Berggru e n 
in seiner Monographie über 
nur auf 
Wald mül ler sagt 
den Namen Georg, der Tauf- 
pathe hiess Carl Volnhals; 
warum sich unser Meister später 
Ferdinand nannte, sei nicht 
aufzuklären. 
Nach dem Willen seiner 
Mutter und einer im Hause 
» Die Natur allein, die leben 
de bewegliche, in der Form bei 
jeder Bewegung veränderte, er 
möglicht dieses Verständniss. 
Nur in ihrem Studium kann es 
erlangt werden, nie durch Vor 
legblätter oder Gemälde, und 
wären sie von den ersten Meistern gemalt. Nur das Leben erzeugt 
Leben, nur die Natur, die Gott geschaffen, nicht das Gebild der 
Menschenhand, die sie nachahmte, weckt den Geist der Kunst zur 
selbstschaffenden That.« So spricht Waldmüller aus dem Herzen 
und es sind goldene Worte, und wenn er damit etwas hart die da 
maligen Disciplinen der Akademie angriff, so dass man statt dank 
bar zu sein, ihm den »blauen Bogen« schickte, so lag das in der 
Zeit und wer weiss, ob es einem modernen Reformator vielleicht 
nicht unbequem gemacht würde, falls er gleich Waldmüller sich 
zu schreiben erlaubte und noch dazu als Professor dieser Anstalt: 
»man hebe die Akademien auf, verwende die dadurch disponibel 
werdenden Fonds für Ankauf und Bestellung von wahrhaften 
Kunstwerken, schaffe freie Meisterschulen u. s. w. und man wird 
eines sicheren Erfolges gewärtig sein können.« Solch ein freies, 
den reinsten Intentionen entsprungenes Wort, das der Meister 
unbekümmert um die etwa für ihn erwachsenden verderb 
lichen Consequenzen hinaussprach, adelt ihn allein schon und legt 
lebenden Tante, einer Schwe 
ster des Vaters Waldmüller’s, 
die »Jungfer Mahm« 
F. G. WALDMÜLLER. Zwei Tiroler-Jäger. 
wie Dr. Berggruen weiters erzählt 
genannt wurde, sollte er sich dem geistlichen Stande widmen. Doch 
bekundete er eine solche Abneigung hiegegen, dass er die lateinische 
Schule und endlich sogar das Elternhaus verliess. Seine Mutter 
versuchte das Aeusserste, indem sie dem Jüngling jegliche Unter 
stützung entzog; das hinderte ihn aber nicht, mit standhafter Opposi 
tion den Lebensweg einzuschlagen, den er sich vorgesetzt hatte. 
welche 
Nachdem er eine Zeit lang bei dem Blumenmaler Zintler Unterricht 
genommen und es im Zeichnen von Blumen und Figuren zu einer 
gewissen Fertigkeit gebracht hatte, nahm er den Kampf um’s Da 
sein frisch und keck auf. Tags über bei seinen Studien an der 
arbeitete er schon am frühen Morgen und 
Akademie tüchtig thäti 
auch in den Stunden der Nacht für’s tägliche Brod, welche Arbeiten 
er 
*) Das erhellt am deutlichsten daraus, dass vor ganz kurzer Zeit ein Bild 
ihm mit 6000 fl. gekauft wurde, das der frühere Besitzer mit 600 fl. und 
von 
auch nicht mehr direct aus der Hand des Künstlers, sondern schon 20 Jahre nach 
dessen Ableben erworben hatte, als die Preise seiner Bilder schon gestiegen waren.
	        
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