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ihn umgaben. In dem Streben nach Wahrheit lag auch die ganze
künstlerische Ueberzeugung Waldmüller’s. Dass er darin, nament
lich in letzter Zeit vielleicht auch etwas zu weit ging und ab
und zu sogar, wie man ihm von mancher Seite nachsagte, gegen
den Geschmack gesündigt habe, kann ihm nicht übel genommen
werden, war doch das Gesunde und Echte seiner Kunst, gar für
die Wende der Zeit, in der er wirkte, so mächtig und wahrlich
massgebend genug, um über kleine Schwächen, in welche er in der
Consequenz seines künstlerischen Willens gerieth, hinwegsehen zu
können. Deshalb muss auch sein scheinbarer Hass gegen die alten
Meister richtig gedeutet werden,
denn, nicht eigentlich die alte
Kunst hasste er, von der er
sicher viel gelernt haben mochte,
sondern die für ihn gründlich
falsche Methode, mit ihr allein
zu lehren, ehe der Schüler die
Natur und ihre Formen kennen
gelernt hat. Und damit hatte
Waldmüller nur zu sehr Recht,
denn was der Schüler von der
Natur, der lautersten Lehrerin
lernt, wird sein persönliches
Eigenthum, was er aber, ohne
noch befähigt zu sein, an Form
und Wesen aus den Schöpfungen
Anderer, ohne Vergleich mit
der Natur zu erkennen glaubt,
wird Plagiat und seelenloses
Machwerk.
dar, welch’ eine geistige und seelische Kraftnatur Waldmüller
gewesen.
Auf gleicher Höhe, wie diese Ueberzeugungstreue, mit der er das
Wort führte, steht auch sein Thun als Künstler, seine Werke sprechen
stets die lautere Wahrheit und sein Schönheitssinn ist dabei nicht
untergegangen, wenn er auch den ganzen akademischen Kram von
materiellen und sogenannten wissenschaftlichen Hilfsmitteln verwirft,
dem er nicht zuzumessen im Stande ist, dass damit auch nur eine
künstlerische Idee zu wecken wäre. Doch genug hierüber, es erhellt
aus Allem, was Waldmüller gethan und gewollt, dass er ein
wahrhaft selbstloser Reformator
gewesen, den unsere Zeit erst
ganz und voll erkennt und dem
nach schätzt und ehrt.*)
Ferdinand Georg Wald
müller ist der Sohn wenig be
mittelter Wirthsleute auf dem
»Tiefen Graben« in der inne
ren Stadt gewesen und erblickte
am 15. Jänner 1793 das Licht
der Welt. Sein Vater hiess
Georg Waldmüller und seine
Mutter, Elisabeth, war eine
geborene Wittmann. Der Tauf
name unseres Meisters lautet
* -
— wie Dr. Oscar Berggru e n
in seiner Monographie über
nur auf
Wald mül ler sagt
den Namen Georg, der Tauf-
pathe hiess Carl Volnhals;
warum sich unser Meister später
Ferdinand nannte, sei nicht
aufzuklären.
Nach dem Willen seiner
Mutter und einer im Hause
» Die Natur allein, die leben
de bewegliche, in der Form bei
jeder Bewegung veränderte, er
möglicht dieses Verständniss.
Nur in ihrem Studium kann es
erlangt werden, nie durch Vor
legblätter oder Gemälde, und
wären sie von den ersten Meistern gemalt. Nur das Leben erzeugt
Leben, nur die Natur, die Gott geschaffen, nicht das Gebild der
Menschenhand, die sie nachahmte, weckt den Geist der Kunst zur
selbstschaffenden That.« So spricht Waldmüller aus dem Herzen
und es sind goldene Worte, und wenn er damit etwas hart die da
maligen Disciplinen der Akademie angriff, so dass man statt dank
bar zu sein, ihm den »blauen Bogen« schickte, so lag das in der
Zeit und wer weiss, ob es einem modernen Reformator vielleicht
nicht unbequem gemacht würde, falls er gleich Waldmüller sich
zu schreiben erlaubte und noch dazu als Professor dieser Anstalt:
»man hebe die Akademien auf, verwende die dadurch disponibel
werdenden Fonds für Ankauf und Bestellung von wahrhaften
Kunstwerken, schaffe freie Meisterschulen u. s. w. und man wird
eines sicheren Erfolges gewärtig sein können.« Solch ein freies,
den reinsten Intentionen entsprungenes Wort, das der Meister
unbekümmert um die etwa für ihn erwachsenden verderb
lichen Consequenzen hinaussprach, adelt ihn allein schon und legt
lebenden Tante, einer Schwe
ster des Vaters Waldmüller’s,
die »Jungfer Mahm«
F. G. WALDMÜLLER. Zwei Tiroler-Jäger.
wie Dr. Berggruen weiters erzählt
genannt wurde, sollte er sich dem geistlichen Stande widmen. Doch
bekundete er eine solche Abneigung hiegegen, dass er die lateinische
Schule und endlich sogar das Elternhaus verliess. Seine Mutter
versuchte das Aeusserste, indem sie dem Jüngling jegliche Unter
stützung entzog; das hinderte ihn aber nicht, mit standhafter Opposi
tion den Lebensweg einzuschlagen, den er sich vorgesetzt hatte.
welche
Nachdem er eine Zeit lang bei dem Blumenmaler Zintler Unterricht
genommen und es im Zeichnen von Blumen und Figuren zu einer
gewissen Fertigkeit gebracht hatte, nahm er den Kampf um’s Da
sein frisch und keck auf. Tags über bei seinen Studien an der
arbeitete er schon am frühen Morgen und
Akademie tüchtig thäti
auch in den Stunden der Nacht für’s tägliche Brod, welche Arbeiten
er
*) Das erhellt am deutlichsten daraus, dass vor ganz kurzer Zeit ein Bild
ihm mit 6000 fl. gekauft wurde, das der frühere Besitzer mit 600 fl. und
von
auch nicht mehr direct aus der Hand des Künstlers, sondern schon 20 Jahre nach
dessen Ableben erworben hatte, als die Preise seiner Bilder schon gestiegen waren.