Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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in der kaiserlichen Gemälde-Galerie aufgestellt), weiters »Die fünf 
Sinne«, »Die vier Temperamente«, sowie überhaupt eine reichhaltige 
Folge von Bildern ähnlichen Inhaltes. Die gemüthliche und sinnige 
Art, mit der Friedländer das Leben und Walten jener armen 
Menschen darstellte, die früher oder später dem stillen Abende des 
Lebens voll Entsagung und Ergebenheit anheimgegeben wurden, 
hat es gemacht, dass diese seine Darstellungen immer gerne 
gesehen worden sind und bis heute noch 
schafft trotz seiner Jahre in gewohnter Arbeitsfreude 
werth und sonach ihre Käufer finden. 
Im Jahre 1856 vermählte sich Friedrich Friedländer mit 
Fräulein Marie Edle von Wacek-Orlic (gestorben am 13. De- 
cember 1892), aus welcher unendlich glücklichen Ehe eine zahl 
reiche Familie hervorging, davon drei Mitglieder sich gleich ihrem 
Vater der Kunst zugewendet haben, und zwar die älteste Tochter 
Camilla dem Stillleben 
fache, in dem sie ganz Aus 
gezeichnetes leistet, Hedwig 
dem Porträt- und Genrefache 
und sein Sohn Alfred einem 
Genre, ähnlich wie es durch 
Wouwermann seinerzeit 
ins Leben gerufen wurde. 
Aber auch eine dritte 
Tochter des Künstlers soll 
sich in jüngster Zeit mit 
bemerkenswerthem Talente 
der bildenden Kunst zu 
gewendet haben; während 
der älteste Sohn Rudolf 
Ritter von Friedländer 
dem Richterstande angehört 
und Friedrich Ritter 
von Friedländer in Wien 
länder, und zwar unter der Leitung seines Meisters Waldmüller, 
»den Tod des Torquato Tasso«, welches in lebensgrossen Figuren 
ausgeführte Bild im Jahre 1852 im österreichischen Kunstverein aus 
gestellt ward und lebhaften Anklang fand.*) Sehr wichtig für die 
weitere Entwicklung des Künstlers war das Stipendium, welches 
der bekannte Kunstfreund Herr Arthaber dem Künstler zuwen 
dete, und wenn dasselbe auch nur 500 fl. betrug, so genügte es 
Friedländer doch, um nach Düsseldorf reisen zu können, worauf 
sodann noch weitere 500 fl. sogar zu einer Reise nach Paris ver 
halten, wo Friedländer bis März 1853 verblieb. Nach Wien zu- 
rückgekehrt, malte er einige der historischen Anekdote angehörende 
Sujets, wie z. B. »Peter de Vinei und Friedrich II. der Hohen- 
staufe«, »Mantegna bei Squarcione«, »Lucas Cranach« etc. etc., 
bis er zu dem Entschlüsse gelangte, sich ganz dem volkstüm 
lichen Genrebilde zuzuwenden. Es entstand nun eine Folge von 
Bildern aus dem Volksleben, 
wie »Die reuige Tochter«, 
»Nach der Lottoziehung«, 
»Beim Juwelier«, »Das Ver 
satzamt«, »Die Brandstifter«, 
»Die Rückkehr ins Vater 
haus«, nebst vielen kleineren 
Bildern ernsten und heiteren 
Inhaltes. Im Jahre 1868 malte 
Friedländer ein Invaliden 
bild »Der neue Kamerad«, 
das von der Staatsregierung 
angekauft,**) sich überdies 
des allgemeinen Beifalls er 
freute, so zwar, dass von nun 
an jeder Kunstfreund oder 
Kunsthändler von ihm In 
validen gemalt haben wollte. 
Da der Künstler, von dem Er 
trage seiner Arbeit leben musste, so gelangte er gewissermassen 
unfreiwillig zu einer Specialität und 
»leider auf einem Gebiete, das durch seine abgeschlossene Form 
und Wesenheit, sowie durch die farblose und monotone Bekleidung 
seiner Träger, keine Gelegenheit zur Entfaltung malerischer Reize 
bietet«. Dagegen ist zu bemerken, dass sich der Künstler bemühte, 
durch charakteristische Merkmale und seelischen Ausdruck das 
zu ersetzen, was ihm durch die Monotonie dieser Darstellungen 
etwa versagt war. Genug, Friedländer verstand es, des namentlich 
coloristisch spröden Stoffes Herr zu werden, so dass er mit »Linien 
führung und Formvollendung künstlerisch zu denken und zu wirken 
im Stande war, wie es seine Lehrer und Vorgänger gethan haben«. 
So entstanden im Laufe der Jahre »Invaliden in der Kantine 
(dermalen nebst noch einem anderen Bilde »Die Erdbeerensammler 
denn der Künstler 
ihren An- 
F. v. FRIEDLÄNDER. Invaliden in der Kantine. 
als Doctor der gesammten Heilkunde wirkt. 
Im Jahre 1893 traf unseren Künstler ein schwerer Unfall, 
der ihn bald das Leben gekostet hätte. Er wurde heimkehrend 
vom Künstlerhause, das er als treuer Anhänger täglich Abends 
besuchte, im Momente als er den Tramwaywaggon besteigen wollte, 
von einer dahereilenden Privatequipage niedergestossen und über 
fahren, wobei er einen Rippenbruch, schwere Verletzungen an 
Hüfte und Schulter und nebstdem eine sehr complicirte Schenkel 
verrenkung erlitt, welch letztere ihn heute noch zwingt, beim Gehen 
den Stock zu gebrauchen. Die ausgezeichnete Pflege, die er in 
seiner Familie fand, sowie eine vortreffliche ärztliche Behandlung 
halfen dem damals 68jährigen Künstler jedoch wieder auf die Beine, 
nur meinte er, als wir den alten Collegen gelegentlich unserer 
Theilnahme versicherten, launig, »jetzt sei auch er einer der In 
validen geworden, die er so oft gemalt habe«. 
So sehr anerkannt das Wirken des Malers Friedrich Fried- 
* 
länder werden muss, in demselben Masse müssen wir den biederen 
wie er selbst bemerkt 
C 
« 
*) Das Bild ist 253 Cm. hoch und 350 Cm. breit. Signirt und datirt 1852. 
In der I. Aufstellung der Modernen Gemälde-Abtheilung im kunsthistorischen Hof 
museum unter Nr. 167 aufgestellt, musste dasselbe bei der zweiten Aufstellung, 
da zahlreiche Gemälde neu hinzugekommen waren, wieder vorläufig in Auf 
bewahrung genommen werden. 
Das genannte Bild befindet sich als Staatseigenthum in der Gemälde- 
Galerie der k. k. Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz, 
und festen Charakter des Mannes würdigen, der stets voll und ganz 
dennoch mit allen Fasern dem Wiener 
in seiner Zeit stehend, 
Charakter in der Kunst treu blieb und sich sonach als wahrer
	        
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