Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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Epigone der alten Wiener Schule erwiesen hat. Ebensowenig un- 
berührt darf bleiben, was Friedländer auf dem Gebiete der künst 
lerisch socialen Verhältnisse gewirkt hat, worin er sich namentlich 
in den für die heimische Kunst unheimlich stillen Zeiten der Fünfziger- 
Jahre als eine geradezu hervorragende Kraft erwies. Er gehörte 
in führender Stellung jener kleinen Gruppe von Künstlern an, die 
sich selbst zu helfen suchte, als schier Niemand da war, der 
sich für das Schaffen eines österreichischen Künstlers jener Tage 
auch ernsthaft genug bekümmert hätte. Es fehlte bis zu Ende 
der Sechziger-Jahre an einem thatsächlich fördernden Interesse 
für jene Künstler, welche die nächsten Nachfolger der alten Wiener 
Schule waren. Höchstens dass noch ein paar der alten Wiener 
Maler das Klingen des Goldes hörten, welches der speculative 
Kunsthandel nach und nach aus Alt-Wien herauszuschlagen be 
gann. Doch der Nachwuchs konnte neben der herrschenden 
Ueberschätzung des Fremden ruhig verhungern. Da traten Männer 
wie Friedländer, Konr. Grefe, J. M. Aigner, Selleny, 
Seelos, A. Schönn, C. Post, Ferd. Laufberger u. s. w., 
zu denen auch der Verfasser gehörte, zusammen, um zu be- 
rathen, was zu beginnen wäre, jener Gleichgiltigkeit und Gering 
schätzung zu begegnen, durch die jede Entwicklung, jedwedes 
gedeihliche Werden und Entstehen in die Brüche gehen müsste.*) 
So bildete sich zuerst im alten wirklich historisch gewordenen, 
leider heute auch nicht mehr bestehenden Lothringer-Saale, eine 
Tischgesellschaft, welche durch mehrere Wochen ihre Berathungen 
hielt und aus der sich sodann der Künstlerverein »Eintracht« heraus- 
krystallisirte.**) Die Tendenz war ausgesprochen die der Selbsthilfe. 
Als nächste Ziele galten der Schutz der Standesinteressen nach 
jeder Richtung und die Erlangung einer Geist und Talent be 
friedigenden Lebensstellung in der Vaterstadt sowohl wie im Vater 
lande überhaupt. Bald hatten sich mehr als hundert Künstler aller 
Kunstzweige, Kunstschulen und Kunstrichtungen zusammengefunden, 
die das feste Band einer wahrhaft idealen Collegialität umschlang 
und wo thatsächlich »Einer für Alle und Alle für Einen« wirkten, 
was auch zum Wahlspruch für den geschlossenen Bund erhoben 
wurde. Ein Album wurde gegründet, das vielen Beifall fand und 
Mittel schaffte; Verbindungen mit den deutschen und auch mit 
anderen Staaten wurden angeknüpft, namentlich um die auswärtigen 
Ausstellungen mit guten Werken corporativ zu beschicken; auf den 
österreichischen Kunstverein wurde Einfluss genommen, patriotische 
Unternehmungen wurden entrirt, kurz es wurde nach allen Richtungen 
gearbeitet und getrachtet, den Jammerzuständen ein Ende zu 
machen und die nothwendige Position im Staate zu gewinnen. Und 
es gelang. Durch die zu Stande gebrachte Fusion der »Eintracht« 
mit dem alten »Dürer-Verein« bildete sich die Künstlergenossen 
schaft heraus. Seine Majestät der Kaiser beschenkte dieselbe mit 
einem Bauplatze auf den Gründen der Stadterweiterung, das Künstler 
haus, vornehmlich unterstützt und gefördert durch den begeisterten 
Architekten und nachmaligen Oberbaurath Ritter von Stäche, 
entstand, kurz, in kaum io Jahren hatten die Künstler in Wien 
eine Position erreicht, wie sie kaum irgendwo eine Künstlerschaft so 
selbstständig und zielbewusst zu erreichen in die Lage gekommen sein 
dürfte. Und dies Alles 
man darf wohl sagen 
Kraft, durch freudige Opferwilligkeit, durch echte Col 
legialität und wahrhaft einheitliches Zusammenwirken. 
aus eigener 
Bei all dieser oft grosse Opfer fordernden und seitens Ein 
zelner der Betheiligten selbstlos hingebenden Thätigkeit hat 
Friedländer würdig seinen Mann gestellt. Mit klarem Geiste und 
stets conciliantem Wesen stand er zumeist an der Spitze der Be 
wegung; sein Organisationstalent half ihm die rechten Kräfte 
für die Arbeit zu gewinnen und zu begeistern und so wuchs 
durch stets neu herantretende künstlerische wie administrative Kräfte 
mit jedem Jahre, ja mit jeder Ausstellung das Ansehen der öster 
reichischen Künstlerschaft, nicht blos in der Heimat, sondern 
überall, wo die österreichische Kunst Boden zu gewinnen vermochte. 
Wenn ich gerade hier diese Entwicklungsmomente der modernen 
österreichischen Kunst berührt habe, so folgte ich den Gefühlen der 
Dankbarkeit, welche dem Meister zuzuerkennen die Pflicht ist. Das Adels- 
. 
diplom, womit der Kaiser Fried länder seine Verdienste um die öster 
reichische Kunst lohnte, sowie mehrfache inländische undausländische 
Orden sind die richtigen Zeugen wohlverdienter Anerkennung, die 
auch wir, seine alten Collegen, mit freudigem Herzen ihm zuerkennen. 
Einer der interessantesten und begabtesten Schüler Wald- 
müller’s war wohl der schon oben genannte Franz Schams. Bei 
ihm vereinigten sich Humor mit liebenswürdiger Darstellung; seine 
Figuren hatten nicht blos die Pose von demjenigen, was sie aus- 
drücken sollten, sondern es waren stets Menschen, die wirklich das 
thaten und klar vorstellten, was der Künstler beabsichtigt hatte. Er hätte 
eine Art österreichischer Spitzweg werden können, würde ihm nicht, 
wie schon bemerkt, die leidige Sorge um das tägliche Brot seiner 
Familie in der besten Zeit seines Wirkens die lithographische Kreide 
in die Hand gedrückt haben, so dass er Anderer Werke nach 
schreiben musste, statt als freier Künstler in freudigem Schaffen 
Talent und Können seiner Mitwelt zu widmen, dieser Mitwelt, die 
so wenig dankbar war und ihn, diese kerngesunde, künstlerische 
Natur, ruhig links liegen liess. Mancher der vielen reich gewordenen 
Leute kaufte um das Zehn- und Zwanzigfache irgend eine zweifei- 
*) Es ist vielleicht nicht ohne locales Interesse, an dieser Stelle davon 
Notiz zu nehmen, wie die Verhältnisse waren, unter welchen sich die jungen 
Leute zu jener Zeit emporringen mussten. Ihre Hauptgönner waren zumeist 
kleine Zwischenhändler oder aber der Kunsthändler Asperl am Graben, der 
ein kleines, einthüriges Bildergeschäft in dem Sparcassagebäude hatte und der 
nur um Preise kaufte, welche man für ein Kunstwerk unter allen Verhält 
nissen bezahlt bekommen konnte. Was das für Honorare waren, kann man sich 
leicht vorstellen. Ein wichtiger Mann für uns kleine Leute war auch der Ge 
schäftsführer der Malerrequisitenhandlung Halbs Witwe, Namens Seyffert, ein an 
sich guter und wohlwollender Mann, welcher aber nur in demselben Verhältnisse 
zu zahlen vermochte, zumeist aber gingen die Honorare für gelieferte Leinwänden 
und Farben auf. io—15 Gulden waren beliebte Preise für kleine nette Bildchen; 
auch Studien, die dann für Dilettanten zum Copiren für Geld geliehen werden 
konnten, waren nicht unbeliebt. 30 Gulden per Stück gut gemalter und fleissig 
ausgeführter Landschaften oder Marinen konnten 
Tage 
verkauft werden; diese Bilder gingen kistenweise nach Amerika. Mit Russland 
hatten wir kein Glück, da verloren wir zweimal Bilder und Geld. Drei Tage in 
der Woche gingen mit Lectionengeben weg, und das war zumeist der Hauptstock 
unseres Einkommens. Stipendien oder Preise gab es damals nicht. Die Staats- 
Stipendien sind eine spätere Institution und die akademischen Preise waren in 
Folge des Jahres 1848 noch nicht flüssig geworden. Aus all dem geht hervor, 
dass die jungen Künstler einen recht schweren Stand hatten, daher auch mancher 
unter ihnen zu Grunde ging oder aber sich um eine andere Lebensstellung Um 
sehen musste, wenn es ihm an Muth und Mitteln fehlte, weiter zu kämpfen und 
um seinen Werdeprocess zu ringen. 
**) Siehe die Denkschrift zur Feier des zehnjährigen Bestandes des 
Künstlerhauses in Wien. Herausgegeben von der Genossenschaft der bildenden 
Künstler Wiens. 1879. 
und das waren schon bessere 
den hier eine Zeit lang domicilirenden Kunsthändler Düsseldorfer 
an
	        
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