Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

77 
Tageslicht zu bringen ein grosses Verdienst sein würde und aus 
deren gesammeltem Schatze man erst so recht ersehen würde, was 
in Wien in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts an Trefflichem 
und Hervorragendem geleistet worden ist. Wer die vom Sohne sorg- 
fältigst zusammengehaltenen und mit treuer Pietät bewahrten Studien 
und hinterlassenen Arbeiten Hassiwan der’s durchsieht, bekommt, 
wie gesagt, eine ganz andere Meinung von der Bedeutung dieses 
Künstlers, als man sie in Kunstkreisen im Allgemeinen hegt. 
Vor Allem muss man dem Geiste und gediegenen Wesen gerecht 
werden, womit sich in all diesen Arbeiten eine Künstlerindividualität 
darstellt, die in stetem Ringen bis zum Ende aufrecht bleibt und 
mit echter Männlichkeit schafft und wirkt. Zeichnen konnte der 
Mann, dass es eine Freude war, und oft erinnert er an die 
sichere Hand seines Zeitgenossen Job. Nep. Geiger, der nur 
mit noch schwunghafterem Wesen den Stift geführt hat. Ich 
erinnere mich, dass mir vor vielen Jahren der damals noch 
junge Ferdinand Laufberger von der 
Achtung sprach, die er für Hassi 
wan der’s künstlerisches Können hegte 
und wobei er nur bedauerte, dass seine 
Begabung leider zu vielfach in Ge 
legenheitsarbeiten und Unterrichtgeben 
vergeudet werden musste. Hasslwander 
war zwar eine ansehnliche, ja markante 
Persönlichkeit, aber daneben entsprach 
ihm dennoch der einfache, echt bürger 
liche Lebensweg, den er genommen hat. 
Das wahre, echte Glück fand er daher 
auch nur in der Familie und im engsten 
Kreise seiner Kunstgenossen. Seit dem 
Jahre 183S in glücklicher Ehe mit Clara 
Hollak vermählt, welche ihn mit dem 
bereits genannten Sohne und einer Tochter 
beglückte, lebte er in treuer Pflicht 
erfüllung seiner Arbeit, die ihm, wie jedem 
echten Künstler, ein Bedürfniss war. 
Hasslwander nahm in seiner Kunstausübung eigentlich keine 
bestimmte Richtung auf, seine Werke schmiegen sich in der 
Art ihrer Darstellung zumeist enge dem Zwecke an, wodurch sie 
stets etwas Ueberzeugendes an sich haben. Die Anzahl seiner 
Arbeiten ist sehr gross; namentlich viel leistete er in Aquarellen, 
Cartons, Zeichnungen für den Stich, sowie für die Xylographie 
und Lithographie, deren Technik er selbst vortrefflich handhabte. 
Heute waren es kirchliche Stoffe oder historische Darstellungen, 
sodann wieder humoristische Volksscenen, welche er mit gleichem 
Eifer concipirte, frisch und lebendig, wie sein ganzes Wesen war. 
Als guter Kenner des Ornaments, bethätigte sich Hasslwander 
auch viel mit Zeichnen von Diplomen, die er zumeist reichlichst 
mit flguralen Darstellungen ausstattete. Von seinen historischen 
Bildern und Compositionen liegen uns Photographien vor. Theilweise 
sind sie noch vom Classicismus beeinflusst, aber auch Kupelwieser’s 
und Führich’s Tendenzen spiegeln sich indenseiben. Von liebens 
würdiger Erscheinung ist ein triptychonartig componirtes Bildwerk, 
welches sich im Besitze Ihrer Majestät der Kaiserin Elisabeth be 
findet. Es stellt im Mittelbilde »Ernst und Cimburgis« und in den 
Flankenbildern »Den Ritterdienst«- und »Die Stammmutter« dar. Als 
sehr schätzenswert!} müssen wir acht Blätter Aquarelle, Illustrationen 
zum »Vaterunser« bezeichnen, welche nicht ohne nazarenerhaften 
Beigeschmack sind.-) An historischen Compositionen des Meisters 
wurden vervielfältigt: »Maria Theresia und die Ungarn auf dem 
Reichstage zu Pressburg 1741« (lithographirt von Jos. Bauer), »Er 
stürmung von Ofen durch Herzog Carl von Lothringen, am 2. Sep 
tember 1686« (lithographirt von Ed. Kaiser), sodann »Austria« (litho 
graphirt von Strixner); weitere namhafte Compositionen, womit er 
der Tendenz nach an Hogarth erinnert, sind: »Der Weg des Leicht 
sinns«, und zwar in den vier Darstellungen »Der Abschied«, »Der 
erste Schritt«, 
Die Verlorene« 
und »Die Rückkehr« (lithographirt 
von Brindl); von seinen Genrebildern wurden auf den akademischen 
Ausstellungen bekannt: 1836 »Eine slavische Braut, welcher 
eine Zigeunerin wahrsagt«; 1839 »Der durch einen Ternogewinn 
beglückte Taglöhner«; 1841 »Der erste 
Gang aus dem Krankenhause«. Ausser 
dem sahen wir im Privatbesitz kleine 
humoristisch gehaltene Genrebildchen, 
welche den sonst so ernsten Künstler 
verleugneten und den Schalk heraus 
kehrten. 
Zu den interessantesten Künstlern 
jener Zeitperiode zählte wohl Peter Joh. 
Nep. Geiger. Er war nicht nur als Mensch 
eine vornehme Erscheinung, die trotz der 
eigentlich dürftigen Jugendzeit, welche 
ihm durch den so frühen Tod seines 
Vaters beschieden ward, in seiner Reife 
zeit vollkommen zur Geltung gelangte, 
sondern er war auch als Künstler eine 
Individualität, die höher hinauswuchs, als 
vielen Anderen vergönnt war, deren 
Jugend unter glücklicheren und sonach 
fördernderen Verhältnissen das reife 
Mannesalter vorzubereiten vermochte. Stand auch die Meerschaum 
schnitzerei, welche Geiger in jungen Jahren des Erwerbes wegen 
ausüben musste, damals auf einer ganz anderen Stufe als heute, wo 
die Tabakspfeife durch Cigarre und Cigarrette fast gänzlich verdrängt 
ist, so galt ihm diese Kunstausübung dennoch nur als ein leidiges 
Mittel zum Zweck, die ihm demnach durchaus nicht zu genügen 
vermochte. Jedenfalls sprach sich in diesen Meerschaumschnitzereien 
schon im eminentesten Sinne seine hohe bildnerische Begabung aus, 
welche durch ein zu jener Zeit bestehendes Mäcenatenthum auf dem 
Gebiete der speciell in Wien in hervorragender Weise und künst 
lerischer Tendenz gepflogenen Meerschaumbildnerei reichliche Förde 
rung fand. Hiedurch entstand auch unter seinen Händen jenes 
Riesenwerk eines Meerschaumpfeifenkopfes, auf dem er die Zerstörung 
Trojas mit mehr als 80 Figuren dargestellt hat. Dieses allgemein 
Aufsehen erregende Werk wurde nach dem Auslande verkauft, und 
% 
zwar um die für den jungen Meister sehr bedeutende Summe von 
SCHWEMMINGER, Gustos der Galerie. 
*) Siehe Artikel der »Neuen Freien Presse« vom 13. November 1878. (Kunst- 
notizen.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.