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Tageslicht zu bringen ein grosses Verdienst sein würde und aus
deren gesammeltem Schatze man erst so recht ersehen würde, was
in Wien in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts an Trefflichem
und Hervorragendem geleistet worden ist. Wer die vom Sohne sorg-
fältigst zusammengehaltenen und mit treuer Pietät bewahrten Studien
und hinterlassenen Arbeiten Hassiwan der’s durchsieht, bekommt,
wie gesagt, eine ganz andere Meinung von der Bedeutung dieses
Künstlers, als man sie in Kunstkreisen im Allgemeinen hegt.
Vor Allem muss man dem Geiste und gediegenen Wesen gerecht
werden, womit sich in all diesen Arbeiten eine Künstlerindividualität
darstellt, die in stetem Ringen bis zum Ende aufrecht bleibt und
mit echter Männlichkeit schafft und wirkt. Zeichnen konnte der
Mann, dass es eine Freude war, und oft erinnert er an die
sichere Hand seines Zeitgenossen Job. Nep. Geiger, der nur
mit noch schwunghafterem Wesen den Stift geführt hat. Ich
erinnere mich, dass mir vor vielen Jahren der damals noch
junge Ferdinand Laufberger von der
Achtung sprach, die er für Hassi
wan der’s künstlerisches Können hegte
und wobei er nur bedauerte, dass seine
Begabung leider zu vielfach in Ge
legenheitsarbeiten und Unterrichtgeben
vergeudet werden musste. Hasslwander
war zwar eine ansehnliche, ja markante
Persönlichkeit, aber daneben entsprach
ihm dennoch der einfache, echt bürger
liche Lebensweg, den er genommen hat.
Das wahre, echte Glück fand er daher
auch nur in der Familie und im engsten
Kreise seiner Kunstgenossen. Seit dem
Jahre 183S in glücklicher Ehe mit Clara
Hollak vermählt, welche ihn mit dem
bereits genannten Sohne und einer Tochter
beglückte, lebte er in treuer Pflicht
erfüllung seiner Arbeit, die ihm, wie jedem
echten Künstler, ein Bedürfniss war.
Hasslwander nahm in seiner Kunstausübung eigentlich keine
bestimmte Richtung auf, seine Werke schmiegen sich in der
Art ihrer Darstellung zumeist enge dem Zwecke an, wodurch sie
stets etwas Ueberzeugendes an sich haben. Die Anzahl seiner
Arbeiten ist sehr gross; namentlich viel leistete er in Aquarellen,
Cartons, Zeichnungen für den Stich, sowie für die Xylographie
und Lithographie, deren Technik er selbst vortrefflich handhabte.
Heute waren es kirchliche Stoffe oder historische Darstellungen,
sodann wieder humoristische Volksscenen, welche er mit gleichem
Eifer concipirte, frisch und lebendig, wie sein ganzes Wesen war.
Als guter Kenner des Ornaments, bethätigte sich Hasslwander
auch viel mit Zeichnen von Diplomen, die er zumeist reichlichst
mit flguralen Darstellungen ausstattete. Von seinen historischen
Bildern und Compositionen liegen uns Photographien vor. Theilweise
sind sie noch vom Classicismus beeinflusst, aber auch Kupelwieser’s
und Führich’s Tendenzen spiegeln sich indenseiben. Von liebens
würdiger Erscheinung ist ein triptychonartig componirtes Bildwerk,
welches sich im Besitze Ihrer Majestät der Kaiserin Elisabeth be
findet. Es stellt im Mittelbilde »Ernst und Cimburgis« und in den
Flankenbildern »Den Ritterdienst«- und »Die Stammmutter« dar. Als
sehr schätzenswert!} müssen wir acht Blätter Aquarelle, Illustrationen
zum »Vaterunser« bezeichnen, welche nicht ohne nazarenerhaften
Beigeschmack sind.-) An historischen Compositionen des Meisters
wurden vervielfältigt: »Maria Theresia und die Ungarn auf dem
Reichstage zu Pressburg 1741« (lithographirt von Jos. Bauer), »Er
stürmung von Ofen durch Herzog Carl von Lothringen, am 2. Sep
tember 1686« (lithographirt von Ed. Kaiser), sodann »Austria« (litho
graphirt von Strixner); weitere namhafte Compositionen, womit er
der Tendenz nach an Hogarth erinnert, sind: »Der Weg des Leicht
sinns«, und zwar in den vier Darstellungen »Der Abschied«, »Der
erste Schritt«,
Die Verlorene«
und »Die Rückkehr« (lithographirt
von Brindl); von seinen Genrebildern wurden auf den akademischen
Ausstellungen bekannt: 1836 »Eine slavische Braut, welcher
eine Zigeunerin wahrsagt«; 1839 »Der durch einen Ternogewinn
beglückte Taglöhner«; 1841 »Der erste
Gang aus dem Krankenhause«. Ausser
dem sahen wir im Privatbesitz kleine
humoristisch gehaltene Genrebildchen,
welche den sonst so ernsten Künstler
verleugneten und den Schalk heraus
kehrten.
Zu den interessantesten Künstlern
jener Zeitperiode zählte wohl Peter Joh.
Nep. Geiger. Er war nicht nur als Mensch
eine vornehme Erscheinung, die trotz der
eigentlich dürftigen Jugendzeit, welche
ihm durch den so frühen Tod seines
Vaters beschieden ward, in seiner Reife
zeit vollkommen zur Geltung gelangte,
sondern er war auch als Künstler eine
Individualität, die höher hinauswuchs, als
vielen Anderen vergönnt war, deren
Jugend unter glücklicheren und sonach
fördernderen Verhältnissen das reife
Mannesalter vorzubereiten vermochte. Stand auch die Meerschaum
schnitzerei, welche Geiger in jungen Jahren des Erwerbes wegen
ausüben musste, damals auf einer ganz anderen Stufe als heute, wo
die Tabakspfeife durch Cigarre und Cigarrette fast gänzlich verdrängt
ist, so galt ihm diese Kunstausübung dennoch nur als ein leidiges
Mittel zum Zweck, die ihm demnach durchaus nicht zu genügen
vermochte. Jedenfalls sprach sich in diesen Meerschaumschnitzereien
schon im eminentesten Sinne seine hohe bildnerische Begabung aus,
welche durch ein zu jener Zeit bestehendes Mäcenatenthum auf dem
Gebiete der speciell in Wien in hervorragender Weise und künst
lerischer Tendenz gepflogenen Meerschaumbildnerei reichliche Förde
rung fand. Hiedurch entstand auch unter seinen Händen jenes
Riesenwerk eines Meerschaumpfeifenkopfes, auf dem er die Zerstörung
Trojas mit mehr als 80 Figuren dargestellt hat. Dieses allgemein
Aufsehen erregende Werk wurde nach dem Auslande verkauft, und
%
zwar um die für den jungen Meister sehr bedeutende Summe von
SCHWEMMINGER, Gustos der Galerie.
*) Siehe Artikel der »Neuen Freien Presse« vom 13. November 1878. (Kunst-
notizen.)