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Nach den Protokollen der k. k. Akademie der bildenden Künste
studirte er hier, und zwar trat er am 7. November 1823 daselbst ein,
um bis inclusive Wintersemester des Jahres 1834 zu bleiben. In
diesem Decennium seines Unterrichtes fand er wohl Zeit genug und
die ausreichende Gelegenheit, sich in allen Disciplinen seines Berufes
wohl auszubilden. Und dass der junge Mann wacker lernte, davon
erzählen uns ebenfalls die akademischen Acten, denn er erhielt bei
den Antiken den ersten Preis, beim lebenden Modell den zweiten
und im Jahre 1832 den Lampi-Preis. Schilcher war seinerzeit ein
fleissiger Aussteller im österreichischen Kunstvereine und auch
lange Zeit ein rühriges Mitglied des Verwaltungsrathes dieses damals
auf die Kunstverhältnisse Wiens sehr wirksam Einfluss nehmenden
Institutes. Später betheiligte er sich auch an den Ausstellungen im
Künstlerhause, wie er auch durch eine lange Reihe von Jahren ein
gar eifriges Mitglied der Künstlergenossen
schaft war. Sein conciliantes Wesen ver
schaffte ihm daselbst Freunde und seine Er
fahrungen im Ausstellungswesen machten
ihn im Hause gar dankenswert!! dienstbar.
Schlugen auch schon längst die Wogen
der Zeit über seine Kunst zusammen, so
verstand er es dennoch, sich unter seinen
Genossen— wie man zu sagen pflegt —
geschickt über Wasser zu halten, und das
Vertrauen, das man dem stets willfährigen
Collegen schenkte, brachte es auch mit sich,
dass er in den Jahren 1877 und 1878 die
Würde eines Vorstandes der Künstler
genossenschaft bekleidete, nachdem er
vorher schon manches Jahr im Ausschüsse
und in den Ausstellungscommissionen ver
dienstvoll gewirkt hatte.-)
Schilcher hat in jungen Jahren
Studienreisen gemacht; so bereiste er
Ungarn, Siebenbürgen und die Walachei,
wovon einige sehr charakteristische Bilder
Kunde geben. Grösstentheils waren es Halbfiguren, die er auf die
Ausstellungen brachte, oder aber auch Bildnisse, von welch letzteren
als interessant zu nennen sind die des Decorationsmalers de Pian,
bei dem Schilcher wohl in der Leimfarbentechnik Unterricht ge
nommen haben und auch beschäftigt gewesen sein dürfte; ferner
das Bildniss der Schauspielerin Josefine Planer am Theater
an der Wien, sodann das Porträt des jedem älteren Wiener noch
wohlbekannten Schauspielers und Theaterdirectors Carl, das Bildniss
Ferdinand Raimund’s als Valentin in dessen Zaubermärchen »Der
Verschwender« und die vieler anderer Persönlichkeiten. Aus den
Ausstellungskatalogen Hesse sich ausserdem eine grosse Anzahl seiner
Werke zusammenstellen, wie er denn bis zu seinem Ende ein
äusserst thätiger Künstler geblieben ist.
Friedrich Schilcher sollte in wenigen Monaten seinen 70. Ge
burtstag feiern, zu dessen festlicher Begehung in der Künstler
genossenschaft bereits Vorbereitungen getroffen waren, um den so
verdienten Künstler und allezeit geschätzten Collegen zu ehren,
so wie er es verdiente. Jedoch schon seit längerer Zeit von leichten
Schlaganfällen heimgesucht, starb derselbe, ehe ihm noch die
Ehrung zu Theil geworden ist, am 6. Mai 1881 zu Döb
ling, wohin er sich nach dem Aufgeben seines viele Jahre inne
gehabten Ateliers am Eck der Stiftgasse in Mariahilf zurück
gezogen hatte. War er unermüdlich als Bildermaler, so bethätigte
er sich vielfach auch in der malerischen Ausschmückung von
Appartements für Cavaliere auf deren
Schlössern, sowie er auch stets in
Klöstern und Kirchen reichliche Bethäti-
gung fand. Schilcher war auch allent
halben ein gern gesehener Gast und
brachte nicht selten bei seinen Mäcenen
Monate lang zu. Auch als Lehrer wirkte
er und dürfte er so ziemlich der
erste gewesen sein, der Damen zu
Malerinnen ausbildete.*) Heute freilich
wenden sich fast mehr Frauen als Männer
der bildenden Kunst zu und haben sich
bereits zahlreiche Privatschulen gebildet,
woselbst sie Unterricht zu erhalten ver
mögen. Man darf wahrlich heute nicht
mehr Busch’s treffliches Wort citiren:
»Ein junger Mann gewöhnt sich leicht
das Malen an.«
Dr. Alb. Hg nennt Schilcher in
seinem launig geschriebenen Aufsatze im
Grazer Tagblatt vom 29. December 1881
ein köstliches Stück Altwien unter den
modernen Künstlern, der weder mit dem Salon, noch mit dem
demokratischen Künstler Wiens eine Aehnlichkeit gehabt habe,
sondern typisch und echt ein Ding für sich gewesen sei, ein letzter
Palatin der edlen Schaar der österreichischen Barockmeister. Darin
ist 'was unbedingt Wahres. Wer so wie der Verfasser den alten
Schilcher nahe kannte, muss es bestätigen, dass derselbe eine
Erscheinung war, die mit ihrem Frohsinn, mit dem stetigen
Wohlwollen, mit der richtigen Biederkeit des Charakters und
dem etwas satirischen Wesen an dem guten alten Wien haftete
und unbedingt an die schöne Zeit erinnerte, in der man wahrlich
keine politischen Aufregungen kannte. Ehre seinem Andenken. —
Das echt bürgerliche oder auch bäuerliche Genre, das die
Kleinkunst von Alt-Wien vornehmlich charakterisirte, ist allmälig
anderen Intentionen gewichen, wie ja überhaupt die alte traditionell
gewordene Wiener Gemüthlichkeit nach und nach vollständig ihr
SCHILCHER. Bacchant.
*) Schilcher war in der Künstlergenossenschaft eines der populärsten
Mitglieder. Er verstand die Herzen seiner Genossen, aber auch ihre Schwächen,
und seine gesunde Anschauun
Sarkasmus
nicht immer ohne
Hessen ihn oft über Schwierigkeiten leicht hinweggleiten, über die ein
minder geschmeidiger Charakter nicht hinausgekommen sein würde. Dennoch
aber, wenn er auch kein Cato von Eisen war, verstand er mit einer gewissen
Festigkeit seine zumeist richtigen Tendenzen durchzubringen, basirten sie doch
jederzeit auf ehrlichem Wollen, dem Hause und seinen Zwecken nützlich zu
sein. Als er eines Tages, weil durchaus andere Strömungen entstanden, nicht
mehr in die Leitung gewählt wurde, war er leider auf das Tiefste gekränkt und
fühlte sich schwer verletzt.
sein trefflicher Humor
ff
o’
*) Seine Schülerin war auch die Frau des Hofburgtheater-Decorationsmalers
Lehmann, welche er sehr häufig bei seinen Arbeiten zur Mithilfe heranzog. Deren
Tochter ist ebenfalls eine geschickte Malerin geworden, die wiederholt im Künstler
haus ausgestellt hat.