Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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Ende fand, um in jenes moderne Treiben und Hasten überzugehen, 
von dem heute die ganze Welt wie vor einem Windstosse einher 
getrieben wird. Daher empfand auch die Mehrzahl der Maler nicht 
mehr die innerliche Nothwendigkeit, ihre Motive aus dem Familien 
leben, aus der Alltagswelt in kleinem behäbigen Sein zu schöpfen, 
sondern man griff in die weite Welt hinaus, um auf Reisen neue 
Elemente für die Kunstbestrebungen zu gewinnen, zu überraschen, 
zu verblüffen und durch Contraste und fremdartige Wirkungen An 
erkennung und Käufer zu finden.*) Zu den Malern, die auf weite 
Reisen vornehmlich in den Orient gingen, gehört auch Alois Schönn, 
ein Künstler von grosser Bedeutung, seltener Begabung und nament 
lich festem, männlichem Wollen. Die Anregung zur Studienfahrt er 
hielt er von einigen französischen 
Malern, die mit grossem Er 
folge charakteristische Schilde 
rungen jener Länder des Orients 
brachten, welche für die Franzosen 
auch eine politische Bedeutung 
hatten. Für unseren hochgeschätz 
ten vaterländischen Künstler dürfte 
es namentlich Horace Vernet 
gewesen sein, der ihm diese 
Richtung gab, welche er durch 
eine Reihe von Jahren verfolgte. 
Mit Glück und Erfolg griff 
Schönn aber auch nach an 
deren künstlerischen Zielen aus. 
So wurde er in bestem Sinne 
des Wortes zum Charakter 
maler, dem kein Stoff zu spröde 
war, um nicht aus demselben ein 
ganzes Kunstwerk herausschälen 
zu können. Man darf nur an 
seine Synagogenbilder, an die 
charakteristischen Krakauer Dar 
stellungen, darunter namentlich 
»Der Gänsemarkt« und andere 
seiner Werke, oder an seine 
in blendendem Sonnenlicht, mit 
einer wahrhaft coloristischen Pracht dargestellten italienischen 
Marktbilder und Strassenscenen denken, um wahrzunehmen, dass er 
mit ebenso sicherer Wirkung schwarz in schwarz zu malen verstand, 
wie auch wieder in den brillantesten Farben. Dabei bewahrte er eine 
strenge Zeichnung und eine Klarheit der Conception, die den Be 
schauer seiner Bilder sofort über die Intentionen des Künstlers orientirte. 
Seine Kunstausübung zerfällt gewissermassen in drei Perioden: die 
erste, wo er sich begeistert als Tiroler Landesvertheidiger (1848) 
den Eindrücken der hiebei gewonnenen Erlebnisse hingibt, die 
zweite, wo er nach dem Orient zieht und den »stumpfen, bleiernen 
Ton einer überhitzten. Atmosphäre wiederzugeben sucht, ohne aber 
eigentlich hiebei bei aller Strenge der Charakteristik coloristisch 
frei zu werden, endlich die dritte Phase, in der er sich losmacht 
von dem Drucke einer bisher nicht durch und durch empfundenen 
Farbengebun 
zuerst vielleicht coloristisch überkühn, sodann 
aber in einen wohl geläuterten Ge 
schmack und festen Farbentakt 
übergehend. Ueberschaut man die 
gesammte Thätigkeit Schönn’s, 
so wundert man sich thatsächlich, 
zu vernehmen, er sei ein Schüler 
Führich’s gewesen.*) Er selbst 
erwähnt in seiner uns vorliegen- 
den kurzen Skizze einer Selbst 
biographie nichts darüber und 
beschränkt sich darauf, anzu 
geben, dass er seine Studien 
1846 (?) an der k. k. Akademie 
der bildenden Künste in Wien 
begonnen, und als diese Unter 
richtsanstalt im Revolutionsjahre 
1848 geschlossen wurde, sie auch 
für immer verlassen habe. Aus 
den Aufnahmsacten und Schüler 
listen der Akademie haben wir 
jedoch erhoben, dass Schönn 
den 10. October 1845 eingetreten 
ist und noch mit Ende Winter 
semester des Jahres 1848 Schüler 
der Anstalt war, wonach er, wie er 
er 
ALOIS SCHÖNN. Selbstportnit. 
weiters selbst berichtet, sogleich als 
Tiroler Landesvertheidiger an die 
wenigstens 
habe auch 
italienische Grenze ging. Einen sehr wesentlichen Einfluss 
erzählte so Alois Schönn gelegentlich dem Verfasser - 
Leander Russ auf ihn ausgeübt, mit dem er in künstlerischem 
Verkehr gestanden. 
Alois Schönn ist zu Wien am 11. März 1826 geboren. 
<■ 
Er ist der Sohn des k. k. Oberamts - Controlors Johann Schönn 
und der Frau Anna Schönn, gebornen Hauffen, einer Bürgerstochter 
von Wien. Im Hause der Eltern genoss er eine gute Erziehung, 
derzufolge er auch tüchtig vorgebildet den künstlerischen 
Unterricht antrat, wobei er sehr rasch gelernt haben muss, denn 
sonst wäre es wahrlich nicht möglich gewesen, kaum von der Lehr 
anstalt herausgekommen und unmittelbar nach dem kurzen Kriegs 
zuge von 1848 ein Bild malen zu können, das die volle Anerkennung 
*) Erst in den letzten Decennien haben sich wieder einige junge Leute, 
angeregt durch den hiesigen Kunsthändler Schwarz, dem bürgerlichen Genre zu 
gewendet, das etwas an die alten Wiener Maler zu erinnern im Stande 
ist. Sie griffen ihre kleinen Familien- und häuslichen Scenen zumeist aus dem 
Handwerker- und kleinen Bürgerstande oder aber auch aus dem Jagdleben heraus, 
verbanden eine gute Charakteristik mit einer technisch sehr soliden und dabei 
geschmackvollen Darstellung, womit diese Maler nicht blos hier, sondern mehr noch 
im Auslande Anerkennung und materiellen Erfolg gefunden haben. Ich gestehe, 
als ich diese liebenswürdigen Bilder zuerst auftauchen sah, wirkte das auf mich 
wie eine Art Renaissance von Alt-Wien und aus dem Beifall, welchen diese Bilder 
fanden, mag ersehen werden, dass in der Kunst auch heute nicht jener gesunde 
Boden fehlt, welcher schlichte Wahrheit und lebensvolle Darstellung des Erzählten 
in sich schliesst. Diese Bilder werden aber in letzter Zeit immer rarer, dieselben 
Maler, wenigstens ein Theil derselben, hat andere Bahnen betreten, die mir nicht 
so dankenswert!! erscheinen. 
*) Siehe »Wiener Kunstrenaissance«. 
C. von Vincenti. Wien, Gerold’s 
Sohn. 1876.
	        
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