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i. P. Friedrich Dratschmiedt Edlen von Mährentheim, vermählte,
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welche unendlich glückliche Ehe mit sieben Kindern gesegnet ward,
von denen heute jedoch nur ein Sohn und zwei Töchter am Leben sind.
Die zweite Tochter des Künstlers, Fräulein Ricka Schönn, geh. 1867,
hat sich unter der Leitung ihres Vaters mit Talent der Kunst zu
gewendet, bereiste Deutschland und Holland und hat bis jetzt sehr
gute Interieurs und besonders vortreffliche Porträtköpfe in Aquarell
ausgeführt; die andere Tochter, Fräulein Louise Schönn, hat sich
1887 mit Dr. Josef Ritter v. Metnitz vermählt. Im Jahre 1895 traf
unseren Meister durch das jähe Hinscheiden seines lieben, hoffnungs
vollen Sohnes Hermann Schönn, Studirenden der Medicin, ein gar
harter Schlag. Doch Alois
Schönn ist der Mann, wel
cher jederzeit zu tragen ver
stand, was immer das Ge
schick ihm auch aufbürden
sollte. Und dieser Zug männ
licher Festigkeit geht durch
sein ganzes Kunstschaffen.
Nirgends macht sich eine Zag
haftigkeit fühlbar, darum sehen
wir auch in keiner Zeit seiner
k ü n s tl e r i s c h e n Th äti gk eit ir ge n d
ein Probiren oder Tasten, son
dern immer den festen Ausdruck
eines bestimmten Wollens und
Könnens. Möge noch manches
schöne Kunstwerk aus seiner
Meisterhand hervorgehen, an
Muth, Geist und Frische des
Gemüths fehlt es Gott sei dank
dem Siebenziger noch immer
nicht. —
dividuums nicht nur beibehalten, sondern hochgradig gesteigert hat.
Und namentlich war es Amerling beschieden, hier in Wien gleich
einem glänzenden Gestirne als moderner Porträtist aufzutreten. Er
hatte während seines Aufenthaltes in England die Tendenzen eines
Reynolds, Gainsborough und namentlich Lawrence in sich
aufgenommen, in welch letzterem Atelier er auch thätig war. Dazu
ausgestattet mit einem grossen malerischen Talent und seltenem
Schönheitsgefühle, war es nicht zu verwundern, wenn seine Werke
auch bald nach erfolgter Rückkehr die Aufmerksamkeit des kunst
liebenden Publicums auf sich zogen, und ihn rasch auf die Höhe
derjenigen Anerkennung brachten, durch die er zu dem be
gehrtesten Porträtmaler seiner
Zeit wurde. Friedrich Amer
ling hat sich aber auch über
haupt mit seiner Kunst einen
hervorragenden Platz in der
Kunstge
schichte gesichert; »seine
Meisterwerke«
österreichischen
sagt Hans
Grasberger sehr bezeichnend
in einem dem 80. Geburtstage
des Meisters gewidmeten Ar
tikel*)
manche Tagesgrösse, die ihn
mittlerweile verdunkelt zu haben
scheint, überleben.« Und ebenso
wahr ist es, wenn Grasberger
weiters schreibt: »Im Porträt,
in der Ideal- und Charakter
figur hatte er während seiner
Blüthezeit in Oesterreich kaum
seinesgleichen und unbestrit
tene Geltung im Auslande. Ein
Wiener Kind und Schüler der
hiesigen Akademie, liess ihn
gleichwohl die nachwirkende
Füger-Schule, das aufkeimende
Nazarenerthum, die Romantik
und das vormärzliche realisti
sche Genre so viel wie unberührt. Sein massgebender Meister
war und blieb der Engländer Lawrence und sein Colorit
reifte in Italien.*) Von Lawrence bekam er die Vorliebe für die
malerische Pose, das festliche Air, die sonntägliche Verklärung, die
charakteristische Verumständlichung im Arrangement bei den Porträts;
<
aber das allzu Süssliche in der Farbe, das allzu Verhimmelnde in der
Auffassung seines Lehrers und Vorbildes überwand er siegreich. Denn in
männlichen Bildnissen stellte er auch seinen Mann und entwickelte
Kraft und Tiefe in Charakteristik und Colorit, die uns noch jetzt häufig
Wunder nimmt und uns gerade an classische Meister gemahnt.«
Bezeichnend schreibt Grasberger weiters: »Den Frauen huldigte
er allerdings etwas überschwänglich wie im Leben, so auch in seiner
Kunst, und um freudige festliche Farbenwirkung war es ihm vorwiegend
werden ihn und auch
Die Porträtmalerei genoss
in Wien allezeit eine ansehnliche
Pflege; man kann sagen, dass
dieselbe ebenfalls um die Wende
des Jahrhunderts einen inti
meren, lebenswahreren Cha
rakter annahm, so dass schon die Porträtisten, wie der Böhme
*
Zoffani, der eigentlich »Zauffely« hiess und seinen Namen
italienisirte *) Josef Grassi, Hubert Maurer, Martin Ferdinand
Quadal und später Job. Reichsritter von Lampi d. A., Joh.
Ender und vor Allen aber dann Ferd. Waldmüller jener Seelen
charakteristik nachzukommen suchten, welche in keinem Bildnisse
fehlen sollte. Sowohl auf der bereits schon einmal hier erwähnten,
im Jahre 1880 von Dr. Albert Hg und dem Verfasser veranstalteten
Porträtausstellung, als aber auch auf der 1877 stattgefundenen histori
schen Eröffnungsausstellung der neuen Akademie am Schillerplatze
konnte man so recht eingehend die Entwicklung der modernen
Porträtmalerei sehen, die bis zum heutigen Tage ihre stets wachsende
Tendenz für Naturwahrheit und Eigenart des darzustellenden In
Selbstporträt AMERLING’S, kais. Gemäldegalerie.
Morgenblatt vom 15. April 1883.
*) Dessen sich heute sicher kein böhmischer Maler unterfangen würde.
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