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Italien währte nur kurze Zeit, denn bald wurde er vom Kaiser Franz
zurückberufen, um ein grosses Repräsentationsbild von Allerhöchst-
demselben zu malen, das auch heute noch im Besitze des Kaiser
hauses ist. Mit diesem Bilde, aus Anlass dessen auch die Presse das
Wort nahm, war der Ruf des Meisters begründet. Von nun an
entwickelte sich in den hohen und höchsten Kreisen ein unendlich
»
reiches Feld seiner künstlerischen Thätigkeit. Sein Bruder, der
bereits genannte Oberst Amerling, schreibt hierüber: »Weltliche und
geistliche Fürsten, Staatsmänner und Würdenträger trachteten ein
Porträt von seiner Hand zu erhalten und der geräumige mit Bäumen
bepflanzte Hof des Chotek’schen Hauses, wo er wieder wohnte,*)
war oft ganz erfüllt von glänzenden
Equipagen, deren Besitzer bisweilen
monatelang vorgemerkt werden
mussten, bis selbe zur Sitzung ge
langten.« »Das lebhafte Colorit, seine
geistvolle Auffassung und klare Mal
weise, sowie die Sorgfalt, mit welcher
er auch Hände und Haare dar
stellte, waren Ursache, dass ihn
die Damen aufsuchten, um von
ihm gemalt zu werden,
waren die Tage des glücklichen
Wien der Dreissiger-Jahre, die Ge
stalten der reichen österreichischen
und ungarischen Cavaliere mit ihren
interessanten Köpfen und Costümen,
welche in glänzender Reihenfolge
auf den Bildflächen Amerling’s
sich spiegelten und deren Conterfei
nunmehr die Wände zahlreicher
Schlösser und Ahnengalerien der
Monarchie füllen.«
In diese Zeit fällt auch die
Mj|
Vermählung mit seiner ersten Frau
Antonie, einerTochter desk.k. Haupt
mannes Kaltenbacher, welche durch
Liebenswürdigkeit und Bildung den
gefeierten Künstler unendlich be
glückt hat.** ***) ) In Amerling’s Haus
fand sich auch alsbald ein sublimer
Kreis von Künstlern und Dichtern, wie überhaupt von hervor-
ragenden Persönlichkeiten ein. Sein Bruder nennt uns die Maler
Kraus und Alconniere, den Bildhauer Rammelmayer, die Schrift
steller Dr. Schwarzenberg, den Kunstkritiker Dr. Melly, die schöne
Sängerin Berndes, den italienischen Dichter Carlo Guaita, den Im
provisator Dr. Cammondo, die Familie des Directors Petter, den
General Myrbach, Hofrath v. Spann, den Hauptmann Lahrbusch
u. A. m. Bekanntlich war auch der Schriftsteller Dr. L. August
Frankl ein intimer Freund des Hauses Amerling. Aber auch
Friedrich Gauermann, Wilhelm Pollak, Josef Hoeger, Ranftl,
Ignaz Raffalt, Robert Theer und Josef Danhauser waren, und
zwar schon von der Akademiezeit her seine Freunde und lieben
Standesgenossen. Nicht unbemerkt bleiben dürfen seine Beziehungen
zu dem hervorragenden in diesen Blättern schon mehrmals ge
nannten Kunstfreunde Arthaber, in dessen Sammlung sich auch eine
Anzahl von hervorragenden Werken Amerling’s befanden, welche
anlässlich der Versteigerung leider in alle Winde verstreut wurden.*)
Als er in Rom weilte, waren es die österreichischen, damals dort
domicilirenden und schaffenden Meister Carl Rahl, Josef Koch, der
bereits wiederholt genannte Nach
ahmer Riedl’s, Leopold Pollak,
der Liefländer He übel, der Sachse
Heidi, der Schwede Gustav Adolf
Palm, die Dichter v. Schober und
Stiglitz, der bekannte Legationsrath
Kestner und viele Andere, mit wel
chen Amerling in Verkehr stand.
Nach dem Tode seiner Frau nach
Wien zurückgekehrt,**) nahm der
Meister neuerdings eine eifrige
künstlerische Thätigkeit im Porträt
fache auf. Es werden uns aus dieser
Zeit genannt die Bildnisse der Gräfin
Marie Wimpffcn, des Fürsten Louis
von und zu Liechtenstein, dessen
Sohnes, des jetzt regierenden Fürsten
Johannes, und zwar als Knabe auf
einem Schimmelpony reitend, wohl
eines der liebenswürdigsten Bilder
des Meisters; in dieselbe Epoche
seines Schaffens zählen auch noch
die Bildnisse der Fürstin Lobkowitz
und vieler anderer Damen und
Herren aus der vornehmen Gesell-
»Es
schaft Wiens.
Die zweite Ehe, welche, des
Alleinseins müde, nunmehr unser
Künstler eingin
glücklich aus, wie die erste, sie wurde
sogar schon nach vier Monaten wieder gelöst, worauf sich Am erlin
AMERLING: Erzherzog Leopold.
fiel leider nicht so
er
er
*) Der von Josef Preleuthner verfasste und im Jahre 1842 erschienene
Katalog derselben verzeichnet die nachfolgenden Bilder Amerling’s: Kat.-Nr. 3:
»Der Flammänder Bürgermeister.« Kniestück, lebensgross, bezeichnet
Fr. Amerling, 53 Zoll hoch, 39 Zoll breit, Leinwand. Kat.-Nr. 28: »Ein croa-
tischer Zwiebelbube.« Leinwand, 15 Zoll hoch, 23 Zoll breit. Kat.-Nr. 32:
»Die Witwe.« Ovalbild, Leinwand, 31 Zoll hoch, 25 Zoll breit. Kat.-Nr. 34: »Ein
Ritter im spanischen Costüme.« Im Stile des van Dyck, bezeichnet
Fr. Amerling, 1833. Leinwand, hoch 47 Zoll, breit 38 Zoll. Kat.-Nr. 38:
»Di e schlafe nde Fischerin mit ihrem Kinde.« Lebensgross. Bezeichnet
Fr. Am er 1 in g, 1834. Leinwand, hoch 37 Zoll, breit 56 Zoll. Kat.-Nr. 64: »Studien
kopf.« Rundformat, 7 Zoll im Durchmesser. Leinwand. (Porträt eines Kindes.)
**) Amerling war zu jener Zeit durch drei Jahre ununterbrochen in
Italien, seine Rückkehr fällt in das Jahr 1843.
***) Ein ganz vortreffliches lebensgrosses Bildniss der Fürstin Marie v. Lob
kowitz, geborene Prinzessin v. Liechtenstein, geboren am 31. December 1808,
vermählt 9. September 1826 mit Ferdinand, regierenden Fürsten v. Lobkowitz
fand der Verfasser in den Gemächern des Schlosses Raudnitz in Böhmen. Dasselbe
*) Vor seiner ersten Reise nach Italien hatte sich Amerling, nur nicht
unter so glänzenden Verhältnissen wie jetzt, daselbst schon eingemiethet gehabt.
**) Leider verlor er dieselbe schon nach elfjähriger Ehe, was den Meister
in die tiefste Trauer versetzte. Sie starb an einem Lungenleiden, und zwar in
Italien, wo sie Amerling in der Umfassungsmauer der St Peterskirche be
graben liess.