Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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Italien währte nur kurze Zeit, denn bald wurde er vom Kaiser Franz 
zurückberufen, um ein grosses Repräsentationsbild von Allerhöchst- 
demselben zu malen, das auch heute noch im Besitze des Kaiser 
hauses ist. Mit diesem Bilde, aus Anlass dessen auch die Presse das 
Wort nahm, war der Ruf des Meisters begründet. Von nun an 
entwickelte sich in den hohen und höchsten Kreisen ein unendlich 
» 
reiches Feld seiner künstlerischen Thätigkeit. Sein Bruder, der 
bereits genannte Oberst Amerling, schreibt hierüber: »Weltliche und 
geistliche Fürsten, Staatsmänner und Würdenträger trachteten ein 
Porträt von seiner Hand zu erhalten und der geräumige mit Bäumen 
bepflanzte Hof des Chotek’schen Hauses, wo er wieder wohnte,*) 
war oft ganz erfüllt von glänzenden 
Equipagen, deren Besitzer bisweilen 
monatelang vorgemerkt werden 
mussten, bis selbe zur Sitzung ge 
langten.« »Das lebhafte Colorit, seine 
geistvolle Auffassung und klare Mal 
weise, sowie die Sorgfalt, mit welcher 
er auch Hände und Haare dar 
stellte, waren Ursache, dass ihn 
die Damen aufsuchten, um von 
ihm gemalt zu werden, 
waren die Tage des glücklichen 
Wien der Dreissiger-Jahre, die Ge 
stalten der reichen österreichischen 
und ungarischen Cavaliere mit ihren 
interessanten Köpfen und Costümen, 
welche in glänzender Reihenfolge 
auf den Bildflächen Amerling’s 
sich spiegelten und deren Conterfei 
nunmehr die Wände zahlreicher 
Schlösser und Ahnengalerien der 
Monarchie füllen.« 
In diese Zeit fällt auch die 
Mj| 
Vermählung mit seiner ersten Frau 
Antonie, einerTochter desk.k. Haupt 
mannes Kaltenbacher, welche durch 
Liebenswürdigkeit und Bildung den 
gefeierten Künstler unendlich be 
glückt hat.** ***) ) In Amerling’s Haus 
fand sich auch alsbald ein sublimer 
Kreis von Künstlern und Dichtern, wie überhaupt von hervor- 
ragenden Persönlichkeiten ein. Sein Bruder nennt uns die Maler 
Kraus und Alconniere, den Bildhauer Rammelmayer, die Schrift 
steller Dr. Schwarzenberg, den Kunstkritiker Dr. Melly, die schöne 
Sängerin Berndes, den italienischen Dichter Carlo Guaita, den Im 
provisator Dr. Cammondo, die Familie des Directors Petter, den 
General Myrbach, Hofrath v. Spann, den Hauptmann Lahrbusch 
u. A. m. Bekanntlich war auch der Schriftsteller Dr. L. August 
Frankl ein intimer Freund des Hauses Amerling. Aber auch 
Friedrich Gauermann, Wilhelm Pollak, Josef Hoeger, Ranftl, 
Ignaz Raffalt, Robert Theer und Josef Danhauser waren, und 
zwar schon von der Akademiezeit her seine Freunde und lieben 
Standesgenossen. Nicht unbemerkt bleiben dürfen seine Beziehungen 
zu dem hervorragenden in diesen Blättern schon mehrmals ge 
nannten Kunstfreunde Arthaber, in dessen Sammlung sich auch eine 
Anzahl von hervorragenden Werken Amerling’s befanden, welche 
anlässlich der Versteigerung leider in alle Winde verstreut wurden.*) 
Als er in Rom weilte, waren es die österreichischen, damals dort 
domicilirenden und schaffenden Meister Carl Rahl, Josef Koch, der 
bereits wiederholt genannte Nach 
ahmer Riedl’s, Leopold Pollak, 
der Liefländer He übel, der Sachse 
Heidi, der Schwede Gustav Adolf 
Palm, die Dichter v. Schober und 
Stiglitz, der bekannte Legationsrath 
Kestner und viele Andere, mit wel 
chen Amerling in Verkehr stand. 
Nach dem Tode seiner Frau nach 
Wien zurückgekehrt,**) nahm der 
Meister neuerdings eine eifrige 
künstlerische Thätigkeit im Porträt 
fache auf. Es werden uns aus dieser 
Zeit genannt die Bildnisse der Gräfin 
Marie Wimpffcn, des Fürsten Louis 
von und zu Liechtenstein, dessen 
Sohnes, des jetzt regierenden Fürsten 
Johannes, und zwar als Knabe auf 
einem Schimmelpony reitend, wohl 
eines der liebenswürdigsten Bilder 
des Meisters; in dieselbe Epoche 
seines Schaffens zählen auch noch 
die Bildnisse der Fürstin Lobkowitz 
und vieler anderer Damen und 
Herren aus der vornehmen Gesell- 
»Es 
schaft Wiens. 
Die zweite Ehe, welche, des 
Alleinseins müde, nunmehr unser 
Künstler eingin 
glücklich aus, wie die erste, sie wurde 
sogar schon nach vier Monaten wieder gelöst, worauf sich Am erlin 
AMERLING: Erzherzog Leopold. 
fiel leider nicht so 
er 
er 
*) Der von Josef Preleuthner verfasste und im Jahre 1842 erschienene 
Katalog derselben verzeichnet die nachfolgenden Bilder Amerling’s: Kat.-Nr. 3: 
»Der Flammänder Bürgermeister.« Kniestück, lebensgross, bezeichnet 
Fr. Amerling, 53 Zoll hoch, 39 Zoll breit, Leinwand. Kat.-Nr. 28: »Ein croa- 
tischer Zwiebelbube.« Leinwand, 15 Zoll hoch, 23 Zoll breit. Kat.-Nr. 32: 
»Die Witwe.« Ovalbild, Leinwand, 31 Zoll hoch, 25 Zoll breit. Kat.-Nr. 34: »Ein 
Ritter im spanischen Costüme.« Im Stile des van Dyck, bezeichnet 
Fr. Amerling, 1833. Leinwand, hoch 47 Zoll, breit 38 Zoll. Kat.-Nr. 38: 
»Di e schlafe nde Fischerin mit ihrem Kinde.« Lebensgross. Bezeichnet 
Fr. Am er 1 in g, 1834. Leinwand, hoch 37 Zoll, breit 56 Zoll. Kat.-Nr. 64: »Studien 
kopf.« Rundformat, 7 Zoll im Durchmesser. Leinwand. (Porträt eines Kindes.) 
**) Amerling war zu jener Zeit durch drei Jahre ununterbrochen in 
Italien, seine Rückkehr fällt in das Jahr 1843. 
***) Ein ganz vortreffliches lebensgrosses Bildniss der Fürstin Marie v. Lob 
kowitz, geborene Prinzessin v. Liechtenstein, geboren am 31. December 1808, 
vermählt 9. September 1826 mit Ferdinand, regierenden Fürsten v. Lobkowitz 
fand der Verfasser in den Gemächern des Schlosses Raudnitz in Böhmen. Dasselbe 
*) Vor seiner ersten Reise nach Italien hatte sich Amerling, nur nicht 
unter so glänzenden Verhältnissen wie jetzt, daselbst schon eingemiethet gehabt. 
**) Leider verlor er dieselbe schon nach elfjähriger Ehe, was den Meister 
in die tiefste Trauer versetzte. Sie starb an einem Lungenleiden, und zwar in 
Italien, wo sie Amerling in der Umfassungsmauer der St Peterskirche be 
graben liess.
	        
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