Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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übrigens selbst eine vortreffliche Malerin war,*) wovon eine Anzahl 
von Gemälden Zeugniss gibt, welche die Künstlerin geschaffen hat, 
eine hervorragende Stellung in der geistigen Gesellschaft Wiens 
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einnahm. Auch des damaligen türkischen Botschafters Aarif Efeu di’s 
Porträt ; das Amerling zu jener Zeit malte, wurde sehr bewundert, 
und man wollte ihm Gelegenheit schaffen, den Sultan selbst zu 
malen, wozu es aber trotz einer deshalb nach Constantinopel 
von ihm unternommenen Reise nicht gekommen ist. Auch die 
malerische Ausbeute, welche der Künstler heimbrachtc, soll eine 
äusserst kleine gewesen sein. 
Das so reizvolle, leider heute nicht mehr bestehende Heim,**) 
das sich Amerling zu jener Zeit in der Mollardgasse mit dem 
gräflich Mollard’schen Schlösschen nächst der Gumpendorfer-, der 
damals sogenannten »kleinen« Linie, erwarb und für Atelier und 
Wohnung adaptirte, gab ihm auch die längst erwünschte Gelegenheit, 
seine im Laufe der Zeit zusammengebrachte Kunstsammlung hier 
in höchst malerischem Sinne zur Geltung zu bringen. Besuchte man 
den Meister, so galt es ihm als wahre Herzensfreude, seinen Besucher, 
nachdem er kurze Zeit im Atelier geweilt, in die Gemächer seines 
echt künstlerischen Heims zu führen, in welchen er alle seine 
Lieblinge und Schätze an Bildern, plastischen Werken und kunst 
industriellen Gegenständen, Waffen, Instrumenten, köstlichen alten 
Geräthen aller Art und Zeiten, unter Dach und Fach gebracht hatte. 
Im Atelier dagegen war es einfach, fast nüchtern, die Wände be 
deckten Studien und unvollendete Gemälde, darunter auch manch 
fertiges Bild, dessen sich der Meister wohl nicht entäussern mochte. 
Plötzlich war er verschwunden und aus einem Winkel des Raumes 
ertönten die feierlichen Klänge einer kleinen Orgel, womit sich der 
Künstler in den Arbeitspausen gleichsam erfrischte. Ich selbst 
im Jahre 1845 abermals nach Rom begab, um dort Trost zu finden. 
Es litt ihn aber diesmal nicht lange dort; die Künstlergesell 
schaft, in der er sich vormals so glücklich befunden hatte, war 
wesentlich verändert, schon warf die hernach folgende grosse poli 
tische Bewegung des Jahres 1848 Schatten voraus; es hatten sich 
Parteien gebildet, und der einst hier herrschende, rein ideale Geist 
war über dem Kampfe politischer Interessen entflohen. Das passte 
unserem biederen Amerling nicht, er verliess wieder Italien, um 
in seine Vaterstadt zurückzukehren. In Wien, woselbst es im Jahre 
1846 noch anscheinend politisch ruhig war, malte Amerling fleissig 
seine Porträte, darunter das Bildniss unseres jetzigen Monarchen 
als Erzherzog Franz Joseph, und zwar in Husaren-Uniform, nach 
dem er Allerhöchst denselben schon seinerzeit im Knabenalter in 
rothem Uniformrocke und mit der österreichischen Fahne gemalt 
hatte.*) Aus dieser Zeit stammen auch noch die Bildnisse des 
Fürsten Michael Obreno witsch, des Marschalls Nu ge nt u. A. 
Das Jahr 1848 vertrieb unseren Meister, wie so viele andere friedliche 
Bewohner, aus den Mauern Wiens. Er begab sich nach Wiener- 
Neustadt zu seinem Bruder, der daselbst an der k. k. Militär-Akademie 
als Lehrer wirkte. Nachdem die Wogen der Revolution mit Feuer 
und Schwert wieder beruhigt worden waren, zog auch Amerling 
nach Wien zurück, um daselbst weiter seiner reichhaltigen künst 
lerischen Thätigkeit nachzukommen. Aus dieser Zeit seines Schaffens 
ragt besonders das lebensgrosse Reiterbildniss des Fürsten und Feld 
marschalls Windischgrätz hervor, das durch Auffassung und eine 
prächtige malerische Behandlung allgemeinen Beifall fand. Als ein 
vorzügliches Bildniss aus jenen Tagen muss auch das Porträt der 
Gräfin Bertha Na ko, der Gemahlin des Grafen Kälmän Na ko, 
bezeichnet werden, wie überhaupt diese kunstsinnige Dame, die 
ist bezeichnet und datirt 1836 und stellt die Fürstin in ganzer Figur in grünem 
Sammtkleide, ein Schreiben in der Linken haltend, dar. Sie sitzt in einem rothen 
Lehnstuhle, neben ihr ein Tisch, im Hintergrund die grauen Wände eines Zimmers 
und ein rothdamastner Vorhang. Leinwand 195 Cm. hoch, 137 Cm. breit. 
•*) Dieses hochinteressante Bildniss war mit den nachfolgenden Bildein aut 
der akademischen Eröffnungsausstellung 1S77 ausgestellt, welche wir hiemit aus dem 
Kataloge reproduciren: Nr. 3029: »Ophelia.« Höhe 149, Breite 110 Cm., bez. und 
dat. 1873. Nr. 3030: »Fürst Johann von und zu Liechtenstein, als Knabe, 
auf einem Pony reitend.« H. 231, Br. 156 Cm., bez. und dat. 1845, Nr. 3031: 
»Porträt Kaiser Franz I.« Studie, nach der Natur gemalt; jetzt im Besitze Sr. Ma 
jestät des Kaisers, und zwar von Allerhöchst demselben angekauft in der Auction der 
Gallerie Bühlmayr (1884). H. 44, Br. 39 Cm., bez. und dat. 1832. Nr. 3032: »Selbst 
porträt.« H. 66*5, Br. 52-5 Cm. Nr. 3033: »Neapolitanischer Schiffer.« 
H. 75, Br. 62 Cm. (Eigenthum des Herrn Nicolaus Dumba.) Nr. 3034: »Porträt 
des Bürgermeisters Caspar Ritter von Seiller.« H. 227, Br. 129 Cm. 
(Eigenthum des Magistrates der Stadt Wien.) Nr. 3035: »Selbstporträt.« H.6o’5, 
Br. 46*5 Cm., bez. und dat. 1849. (Eigenthum des Herrn Conrad Bühlmayr.) Nr. 3036: 
»Porträt des Malers und Lithographen Kriehuber.« H. 60-5. Br. 47-5 Cm. 
bez. und dat. 1853. (Eigenthum Sr. k. u. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn 
Erzherzogs Carl Ludwig.) Nr. 3037: »Porträt des Professors Josef Redl.« 
H. 63, Br. 53*5, bez. und dat. 182S. (Eigenthum der k. k. Akademie-der bildenden 
Künste in Wien.) Nr. 3038: »Soldat aus der Zeit des dreissigjährigen 
Krieges.« H. 89, Br. 67*5 Cm. Nr. 3039: »Die Witwe.« H. 85, Br. 67 Cm. 
(Eigenthum des Herrn von Dreyhausen.) Nr. 3040: »Selbstporträt.« H. 66-5, 
Br. 52-5 Cm., bez. und dat. Rom 1843. (Eigenthum der Frau Christomano Tirka.) 
Nr. 3041: »Weiblicher Studienkopf.« H. 48, Br. 38 Cm., bez. und dat. 1843. 
(Eigenthum des Herrn Grafen Victor Wimpfen.) Nr. 3042: »Weiblicher Studien 
kopf.« H. 59*5, Br. 47-5 Cm., bez. und dat. 1843. (Eigenthum Sr. Durchlaucht des 
Fürsten Johann von und zu Liechtenstein.) Nr. 3043: »Porträt Sr. Majestät 
des Kaisers im achten Lebensjahre.« H. 134, Br. 103 Cm. (Eigenthum 
Sr. kais. Hoheit des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig.) Nr. 3044: »Weiblicher 
Studien köpf.« H. 65-5, Br. 54 Cm. (Eigenthum Sr. kais. Hoheit des Herrn Erz 
herzogs Carl Ludwig.) Nr. 3045: »Damenporträt.« H. 90, Br. 74 Cm. (Eigen 
thum des Herrn J. C. Reichle.) Nr. 3046: »Selbstporträt.« Holz. H. 82, 
Br. 62 Cm., bez. und dat. 1867. (K. k. akad. Gemälde-Gallerie.) Nr. 3047: »Porträt 
des Bildhauers Thorwaldsen.« H. 103, Br. 82 Cm., mit Thorwaldsen’s eigen 
händiger Bezeichnung. (Fürstl. Liechtenstein’sche Gallerie.) Nr. 3048: »Porträt 
Franz Grillparzer’s.« H. 61, Br. 46-5 Cm. (Eigenthum des Herrn Conr. Bühl 
mayr.) Nr. 3049: »Porträt.« H. 41*5, Br. 33 Cm., bez. und dat. 1837. (Eigen 
thum des Herrn Baron Albert Rothschild.) Nr. 3050: »Knabenporträt.« H. 54-5, 
Br. 49 Cm., bez. und dat. 26. September 1829. (Eigenthum des Herrn Fischer 
von Ankern.) 
Weiters verweisen wir unsere Leser auf Dr. Ludw. Aug. Frankl’s 1889 
erschienene Biographie Amerling’s und das derselben angeschlossene Verzeichniss 
seiner Werke von 1820 bis 1880. 
*) Die kaiserliche Gemälde-Gallerie besitzt ein Werk derselben, darstellend 
»eine alte Zigeunerin«, in der Abtheilung der Modernen Meister unter Nr. m des 
Kataloges vom Jahre 1S97, welches sie für die Gallerie im Jahre 1881 gewidmet 
hat und das von der Tüchtigkeit Zeugniss legt, mit der die Dame Auffassung und 
Technik meisterte. Gräfin Bertha Nako, geb. Gyertyanffy de Bob da, geb. zu 
Temesvär den 13. März 1834, gest. zu Nagy-Szt.-Miklös den 23. December 1882, 
war eine echte, geniale Künstlernatur, deren Salon auch jederzeit ein edler Kreis 
von Künstlern, Männern der Wissenschaft und Vornehmen der Gesellschaft belebte, 
so verkehrte auch Amerling in ihrem Hause, und ihr Einfluss auf sein künst 
lerisches Schaffen jener Tage war für ihn von einer dankenswerthen Be 
deutung. Auch Rahl, Pettenkofen, Schrödl, Canon u. s. w. waren gerne 
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gesehene Gäste, welche aber auch nicht ohne Einfluss auf das künstlerische 
Schaffen der Dame blieben, wenn sie auch von keinem derselben einen directen 
Unterricht genommen hatte. Wie uns Se. Excellenz Graf Nako selbst mitzutheilen 
die Güte halte, genoss die Gräfin eigentlich nie einen regulären Fachunterricht, 
ausser jener kleinlichen Zeichnenlerneiei im Pensionate zu St. Pölten, womit sie 
wohl nicht über die ersten Anfangsgründe hinauskommen konnte. Später studirte 
sie tüchtig Rembrandt und Velazquez, aber auch ebenso die Natur, dazu ihr 
in Ungarn auf den Besitzungen ihres Gemahls allerdings eine reiche Auswahl von 
Motiven und Modellen zur Verfügung stand. 
**) Das Schlösschen, das so viele Jahre der Stolz und die Freude des 
Künstlers war, und das auch von der Witwe des Meisters weiter bewohnt und 
sorglich bewahrt wurde, musste leider den neuesten Verkehrsanlagen weichen und 
fiel mit so vielen anderen charakteristischen Objecten Wiens in Schutt und — 
Vergessenheit. Amerling hatte es im Jahre 1858 bezogen. 
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