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übrigens selbst eine vortreffliche Malerin war,*) wovon eine Anzahl
von Gemälden Zeugniss gibt, welche die Künstlerin geschaffen hat,
eine hervorragende Stellung in der geistigen Gesellschaft Wiens
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einnahm. Auch des damaligen türkischen Botschafters Aarif Efeu di’s
Porträt ; das Amerling zu jener Zeit malte, wurde sehr bewundert,
und man wollte ihm Gelegenheit schaffen, den Sultan selbst zu
malen, wozu es aber trotz einer deshalb nach Constantinopel
von ihm unternommenen Reise nicht gekommen ist. Auch die
malerische Ausbeute, welche der Künstler heimbrachtc, soll eine
äusserst kleine gewesen sein.
Das so reizvolle, leider heute nicht mehr bestehende Heim,**)
das sich Amerling zu jener Zeit in der Mollardgasse mit dem
gräflich Mollard’schen Schlösschen nächst der Gumpendorfer-, der
damals sogenannten »kleinen« Linie, erwarb und für Atelier und
Wohnung adaptirte, gab ihm auch die längst erwünschte Gelegenheit,
seine im Laufe der Zeit zusammengebrachte Kunstsammlung hier
in höchst malerischem Sinne zur Geltung zu bringen. Besuchte man
den Meister, so galt es ihm als wahre Herzensfreude, seinen Besucher,
nachdem er kurze Zeit im Atelier geweilt, in die Gemächer seines
echt künstlerischen Heims zu führen, in welchen er alle seine
Lieblinge und Schätze an Bildern, plastischen Werken und kunst
industriellen Gegenständen, Waffen, Instrumenten, köstlichen alten
Geräthen aller Art und Zeiten, unter Dach und Fach gebracht hatte.
Im Atelier dagegen war es einfach, fast nüchtern, die Wände be
deckten Studien und unvollendete Gemälde, darunter auch manch
fertiges Bild, dessen sich der Meister wohl nicht entäussern mochte.
Plötzlich war er verschwunden und aus einem Winkel des Raumes
ertönten die feierlichen Klänge einer kleinen Orgel, womit sich der
Künstler in den Arbeitspausen gleichsam erfrischte. Ich selbst
im Jahre 1845 abermals nach Rom begab, um dort Trost zu finden.
Es litt ihn aber diesmal nicht lange dort; die Künstlergesell
schaft, in der er sich vormals so glücklich befunden hatte, war
wesentlich verändert, schon warf die hernach folgende grosse poli
tische Bewegung des Jahres 1848 Schatten voraus; es hatten sich
Parteien gebildet, und der einst hier herrschende, rein ideale Geist
war über dem Kampfe politischer Interessen entflohen. Das passte
unserem biederen Amerling nicht, er verliess wieder Italien, um
in seine Vaterstadt zurückzukehren. In Wien, woselbst es im Jahre
1846 noch anscheinend politisch ruhig war, malte Amerling fleissig
seine Porträte, darunter das Bildniss unseres jetzigen Monarchen
als Erzherzog Franz Joseph, und zwar in Husaren-Uniform, nach
dem er Allerhöchst denselben schon seinerzeit im Knabenalter in
rothem Uniformrocke und mit der österreichischen Fahne gemalt
hatte.*) Aus dieser Zeit stammen auch noch die Bildnisse des
Fürsten Michael Obreno witsch, des Marschalls Nu ge nt u. A.
Das Jahr 1848 vertrieb unseren Meister, wie so viele andere friedliche
Bewohner, aus den Mauern Wiens. Er begab sich nach Wiener-
Neustadt zu seinem Bruder, der daselbst an der k. k. Militär-Akademie
als Lehrer wirkte. Nachdem die Wogen der Revolution mit Feuer
und Schwert wieder beruhigt worden waren, zog auch Amerling
nach Wien zurück, um daselbst weiter seiner reichhaltigen künst
lerischen Thätigkeit nachzukommen. Aus dieser Zeit seines Schaffens
ragt besonders das lebensgrosse Reiterbildniss des Fürsten und Feld
marschalls Windischgrätz hervor, das durch Auffassung und eine
prächtige malerische Behandlung allgemeinen Beifall fand. Als ein
vorzügliches Bildniss aus jenen Tagen muss auch das Porträt der
Gräfin Bertha Na ko, der Gemahlin des Grafen Kälmän Na ko,
bezeichnet werden, wie überhaupt diese kunstsinnige Dame, die
ist bezeichnet und datirt 1836 und stellt die Fürstin in ganzer Figur in grünem
Sammtkleide, ein Schreiben in der Linken haltend, dar. Sie sitzt in einem rothen
Lehnstuhle, neben ihr ein Tisch, im Hintergrund die grauen Wände eines Zimmers
und ein rothdamastner Vorhang. Leinwand 195 Cm. hoch, 137 Cm. breit.
•*) Dieses hochinteressante Bildniss war mit den nachfolgenden Bildein aut
der akademischen Eröffnungsausstellung 1S77 ausgestellt, welche wir hiemit aus dem
Kataloge reproduciren: Nr. 3029: »Ophelia.« Höhe 149, Breite 110 Cm., bez. und
dat. 1873. Nr. 3030: »Fürst Johann von und zu Liechtenstein, als Knabe,
auf einem Pony reitend.« H. 231, Br. 156 Cm., bez. und dat. 1845, Nr. 3031:
»Porträt Kaiser Franz I.« Studie, nach der Natur gemalt; jetzt im Besitze Sr. Ma
jestät des Kaisers, und zwar von Allerhöchst demselben angekauft in der Auction der
Gallerie Bühlmayr (1884). H. 44, Br. 39 Cm., bez. und dat. 1832. Nr. 3032: »Selbst
porträt.« H. 66*5, Br. 52-5 Cm. Nr. 3033: »Neapolitanischer Schiffer.«
H. 75, Br. 62 Cm. (Eigenthum des Herrn Nicolaus Dumba.) Nr. 3034: »Porträt
des Bürgermeisters Caspar Ritter von Seiller.« H. 227, Br. 129 Cm.
(Eigenthum des Magistrates der Stadt Wien.) Nr. 3035: »Selbstporträt.« H.6o’5,
Br. 46*5 Cm., bez. und dat. 1849. (Eigenthum des Herrn Conrad Bühlmayr.) Nr. 3036:
»Porträt des Malers und Lithographen Kriehuber.« H. 60-5. Br. 47-5 Cm.
bez. und dat. 1853. (Eigenthum Sr. k. u. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn
Erzherzogs Carl Ludwig.) Nr. 3037: »Porträt des Professors Josef Redl.«
H. 63, Br. 53*5, bez. und dat. 182S. (Eigenthum der k. k. Akademie-der bildenden
Künste in Wien.) Nr. 3038: »Soldat aus der Zeit des dreissigjährigen
Krieges.« H. 89, Br. 67*5 Cm. Nr. 3039: »Die Witwe.« H. 85, Br. 67 Cm.
(Eigenthum des Herrn von Dreyhausen.) Nr. 3040: »Selbstporträt.« H. 66-5,
Br. 52-5 Cm., bez. und dat. Rom 1843. (Eigenthum der Frau Christomano Tirka.)
Nr. 3041: »Weiblicher Studienkopf.« H. 48, Br. 38 Cm., bez. und dat. 1843.
(Eigenthum des Herrn Grafen Victor Wimpfen.) Nr. 3042: »Weiblicher Studien
kopf.« H. 59*5, Br. 47-5 Cm., bez. und dat. 1843. (Eigenthum Sr. Durchlaucht des
Fürsten Johann von und zu Liechtenstein.) Nr. 3043: »Porträt Sr. Majestät
des Kaisers im achten Lebensjahre.« H. 134, Br. 103 Cm. (Eigenthum
Sr. kais. Hoheit des Herrn Erzherzogs Carl Ludwig.) Nr. 3044: »Weiblicher
Studien köpf.« H. 65-5, Br. 54 Cm. (Eigenthum Sr. kais. Hoheit des Herrn Erz
herzogs Carl Ludwig.) Nr. 3045: »Damenporträt.« H. 90, Br. 74 Cm. (Eigen
thum des Herrn J. C. Reichle.) Nr. 3046: »Selbstporträt.« Holz. H. 82,
Br. 62 Cm., bez. und dat. 1867. (K. k. akad. Gemälde-Gallerie.) Nr. 3047: »Porträt
des Bildhauers Thorwaldsen.« H. 103, Br. 82 Cm., mit Thorwaldsen’s eigen
händiger Bezeichnung. (Fürstl. Liechtenstein’sche Gallerie.) Nr. 3048: »Porträt
Franz Grillparzer’s.« H. 61, Br. 46-5 Cm. (Eigenthum des Herrn Conr. Bühl
mayr.) Nr. 3049: »Porträt.« H. 41*5, Br. 33 Cm., bez. und dat. 1837. (Eigen
thum des Herrn Baron Albert Rothschild.) Nr. 3050: »Knabenporträt.« H. 54-5,
Br. 49 Cm., bez. und dat. 26. September 1829. (Eigenthum des Herrn Fischer
von Ankern.)
Weiters verweisen wir unsere Leser auf Dr. Ludw. Aug. Frankl’s 1889
erschienene Biographie Amerling’s und das derselben angeschlossene Verzeichniss
seiner Werke von 1820 bis 1880.
*) Die kaiserliche Gemälde-Gallerie besitzt ein Werk derselben, darstellend
»eine alte Zigeunerin«, in der Abtheilung der Modernen Meister unter Nr. m des
Kataloges vom Jahre 1S97, welches sie für die Gallerie im Jahre 1881 gewidmet
hat und das von der Tüchtigkeit Zeugniss legt, mit der die Dame Auffassung und
Technik meisterte. Gräfin Bertha Nako, geb. Gyertyanffy de Bob da, geb. zu
Temesvär den 13. März 1834, gest. zu Nagy-Szt.-Miklös den 23. December 1882,
war eine echte, geniale Künstlernatur, deren Salon auch jederzeit ein edler Kreis
von Künstlern, Männern der Wissenschaft und Vornehmen der Gesellschaft belebte,
so verkehrte auch Amerling in ihrem Hause, und ihr Einfluss auf sein künst
lerisches Schaffen jener Tage war für ihn von einer dankenswerthen Be
deutung. Auch Rahl, Pettenkofen, Schrödl, Canon u. s. w. waren gerne
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gesehene Gäste, welche aber auch nicht ohne Einfluss auf das künstlerische
Schaffen der Dame blieben, wenn sie auch von keinem derselben einen directen
Unterricht genommen hatte. Wie uns Se. Excellenz Graf Nako selbst mitzutheilen
die Güte halte, genoss die Gräfin eigentlich nie einen regulären Fachunterricht,
ausser jener kleinlichen Zeichnenlerneiei im Pensionate zu St. Pölten, womit sie
wohl nicht über die ersten Anfangsgründe hinauskommen konnte. Später studirte
sie tüchtig Rembrandt und Velazquez, aber auch ebenso die Natur, dazu ihr
in Ungarn auf den Besitzungen ihres Gemahls allerdings eine reiche Auswahl von
Motiven und Modellen zur Verfügung stand.
**) Das Schlösschen, das so viele Jahre der Stolz und die Freude des
Künstlers war, und das auch von der Witwe des Meisters weiter bewohnt und
sorglich bewahrt wurde, musste leider den neuesten Verkehrsanlagen weichen und
fiel mit so vielen anderen charakteristischen Objecten Wiens in Schutt und —
Vergessenheit. Amerling hatte es im Jahre 1858 bezogen.
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