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verstand.*) Ebenso unmittelbar wirken die Bildnisse von Friedrich
Gauermann und Josef Kriehuber in der kaiserlichen Gemälde-
Gallerie. Neben den Porträts malte Amerling auch gerne Land
schaften, und zwar im Stile der Poussin und Carracci, auch
Claude Lorrain mochte ihn dabei beeinflussen, doch gelangten
diese Arbeiten nie in die Oeffentlichkeit, da er ihnen nur aus
Liebhaberei nachkam, wobei zu bemerken ist, dass er nicht gerade
selten auf die Leinwänden dieser landschaftlichen Schwärmereien
Porträte malte und sie so wieder vernichtete.
Zum drittenmale und zwar bereits im vorgerückten Alter
(1857) verheiratete sich Amerling mit der Tochter des ausge
zeichneten Aquarellmalers F. Heinrich. Dieser Ehe entwuchsen
drei Töchter, Friederike, verehelichte Frau Bauer, Wilhelmine
und Marie, während die an den kaiserlich mexikanischen Haupt
mann Beutel verehelichte Tochter der ersten Ehe des Meisters
entstammte. Ein Sohn starb ihm leider schon mit 16 Jahren, welcher
der einzige männliche Nachkomme gewesen wäre, und über dessen
Verlust Amerling oft klagte. Die vierte Ehe ging Amerling erst
in seinen letzten Lebensjahren mit der Frau des ehemaligen Kunst
händlers Paterno ein.**) Sie war eine Tochter des bekannten Clavier-
händlers Nemetschke und ist nunmehr die bereits in der obigen
Notiz erwähnte Frau Gräfin M. Hoyos, eine kunstsinnige Dame,
welche mit den ihr zu Gebote stehenden Mitteln die ihr zugefallene
Sammlung ihres einstigen, von ihr so hochgeehrten Gatten Friedrich
Amerling in einem hiefür adaptirten Hause am Rennweg bestens
und bleibend zur Geltung bringt.***)
In diesen seinen letzten Lebensjahren unternahm Amerling
in Begleitung seiner Gemahlin noch weite Reisen. So ging er im
Jahre 1882 nach Spanien, um daselbst Land und Leute, namentlich
aber die dortigen Kunstschätze kennen zu lernen; 1886 bereiste er
sodann Aegypten und Palästina, von wo aus er am Fusse der
Pyramiden an einen Freund einen schwärmerisch entzückten Brief
schrieb. Seine Rückkehr erfolgte Morgens den 16. April bei ziem
licher Wohlbehaltenheit, dennoch glaubte man annehmen zu sollen,
dass den alten Herrn, der sich stets so jugendlich fühlte und benahm,
doch die Anstrengungen solcher Reisen sowie auch die naturgemäss
damit verbundene Unregelmässigkeit in der Ernährung angegriffen
und seine Gesundheit erschüttert haben mochten.
Eine ganz vortreffliche Würdigung findet Amerling in dem
der Biographie Dr. August Frankl’s beigefügten Aufsatze von
Dr. Karl v. Lützow »Amerling als Künstler
ganz richtig als die eigentliche Blüthezeit des Meisters die vormärz
lichen Decennien bezeichnet, in denen er in wahrhaft wienerischem
Geiste seiner Kunst Ausdruck verliehen und Geltung verschafft habe.
Wie jedem Künstler von so ungewöhnlicher Bedeutung, fehlte es
auch nicht Amerling an Auszeichnungen. Er war Ehrenmitglied
der Akademie zu Florenz, dann der damals noch k. k. Akademie
»Belle Arti« in Mailand, weiters Mitglied der hiesigen Akademie,
Ehrenbürger von Wien und als Ritter des Ordens der eisernen
Krone III. Classe wurde ihm der Adelsstand verliehen; ferner besass
er noch das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens, des königlichen
bayrischen St. Michaels-Orden und war Officier des mexikanischen
Guadalupe-Ordens. Die Künstlergenossenschaft hier hat ihn zu
ihrem Ehrenmitgliede erwählt, sowie sie es nicht versäumte, ihn
anlässlich der Feier seines 80. Geburtstages durch eine künstlerisch
ausgestattete Adresse zu ehren.*)
Amerling’s irdische Ueberreste wurden mit jenen seiner dritten
Gemahlin auf dem evangelischen Friedhofe nächst Matzleinsdorf
exhumirt und am 25. October 1887 um 1 Uhr Mittags am Central
friedhofe in der Gruft Nr. 30 der Gruppe 14, in einem Ehrengrabe
zur letzten Ruhe beigesetzt.**)
Ich kann es mir nicht versagen, zum Schlüsse eine kleine
Episode aus dem Werdeprocess Amerling’s hier wiederzugeben,
welche er mir am 10. Mai 1883 anlässlich eines Besuches der
Gemälde-Gallerie im Belvedere, woselbst er, wie er sagte, seit
zwanzig Jahren nicht mehr gewesen sei (?), mittheilte und die in
directer Beziehung zu seinem in der »Modernen Schule« placirten
in welchem derselbe
*
*) Ich erinnere mich, den Text zu derselben in aufrichtigster Begeisterung
für den gefeierten Meister geschrieben zu haben. Der alte Herr war auch so
gerührt davon, dass er mich stürmisch umarmte und mich bat, ihn von nun an
mit dem Freundesworte »Du« ansprechen zu wollen. In gleicher Weise erfreut
und ergriffen ward Amerling durch die Dankesworte, welche ich als der damalige
Vorstand der Künstlergenossenschaft an ihn richtete, nachdem er zum Gedenken
an die Feier seines So. Geburtstages eine Stiftung errichtet hatte, deren Zinsen-
Erträgniss jedes Jahr am 10. November, am Geburtstage seines lieben Freundes
und Kunstgenossen Karl Swoboda, an einen jungen, strebsamen Künstler ge
gebenwerden sollte. Amerling war eine durch und durch künstlerisch empfindende
Individualität, die sich auch jederzeit unverholen äusserte, er war begeisterungs
fähig und wahrhaft neidlos für die Erfolge seiner Kunstgenossen. Bei diesem
stark beweglichen Naturell war es wohl umsomehr zu verwundern, dass er in
seinem Unheil nie unangenehm abfällig wurde, sondern stets milde und an
erkennend blieb.
*) Dr. Ludwig August Frankl schildert in seinem 1889 erschienenen Buche
»Friedrich von Amerling« in anmuthiger Weise die Veranlassung zu diesem
Bildnisse.
**) Deren Ehe mit Paterno wurde, als nicht vollzogen, schon nach kurzer
Zeit wieder kirchlich gelöst. Amerling schloss diesen Ehebund mit der erst
34jährigen Dame im Alter von 79 Jahren am 26. November 1881.
***) Nach dem Willen des Meisters sollte seine Kunstsammlung an die
Commune Wiens kommen, der sie testamentarisch zugesprochen war, jedoch unter
Bedingungen, deren Erfüllung nach verschiedenen Seiten hin Schwierigkeiten
bereitete, namentlich aber dürfte der Umstand, dass die ganze Sammlung ein
heitlich und zusammengehörig aufgestellt werden sollte, schon aus räumlichen
Rücksichten, ein wesentliches Hinderniss gewesen sein, das Legat, so dankens-
werth es auch war, anzunehmen. Einer Notiz der »Neuen Freien Presse« vom
23. November 1888 entnehmen wir, dass das sogenannte Museum Amerling’s
ganz der Witwe zugefallen sei, nachdem sie noch den auf die Kinder des Meisters
kommenden Pflichtlheil von 24.000 fl. erlegt hatte. Was daher im österreichischen
Kunstverein zur selben Zeit zur Versteigerung gelangte, betraf nun den künstleri
schen Nachlass des Meisters selbst. Aus derselben Notiz erfahren wir, dass die
Witwe Amerling’s dem ältesten Freunde ihres Gatten, Ludwig August Frankl,
schon vor längerer Zeit das gesammte Familien-Archiv anvertraut hatte, damit
auf Grund desselben das sehr interessante, an originellen Zügen reiche und
bewegte Leben ihres Gatten schildere, wobei erwähnt wird, dass das ziemlich
umfangreiche, mit Heliographien geschmückte Werk am 14. April 1889 eischeinen
sollte und zwar an dem 85. Geburtstage Amerling’s. Diese Biographie ist auch
erschienen und gehört zu den letzten Arbeiten Frankl’s.
**) Das Grab des Meisters befindet sich neben dem des Hofrathes von
Eitelberger. Das schöne, echt künstlerisch gestaltete Grabdenkmal, welches
Amerling errichten liess, hat unser ausgezeichneter Bildhauer
Frau Marie v.
Professor Johannes Benk ausgeführt. Dasselbe formirt eine Pyramide, vor welcher
auf einem architektonisch gehaltenen Unterbau der Genius der Kunst ruht und
den Namen Amerling auf die Pyramide schreibt. Am Sockel der Statue ist das
wohlgetroffene Portiät-Medaillon Amerling’s und unter diesem sind die Embleme
der Malerei: Palette und Pinsel, mit Lorbeer umwunden, angebracht. Die Pyramide
besteht aus rothem, geschliffenem Porphyr, der Sockel und die Gruft sind aus
Mauthausener Granit, der Genius und das Porträt aus weiterhartem weissem Laaser-
Marmor gearbeitet, die Embleme, das Wappen des Künstlers, die Schrift und die
Verzierungen aus vergoldeter Bronze. Wer heute den Centralfriedhof, diese Stätte
des ewigen Friedens besucht, vereinigt damit zugleich einen ungewöhnlichen
Kunstgenuss, sieht er sich nach den hier schon in dem kurzem Zeiträume ent
standenen wahrhaft künstlerischen Monumenten um, die Pietät und Kunstsinn er
er
richtet haben.
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