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Als Dritter im Bunde geniesst neben Amerling und Schrotz-
berg der Hofmaler Anton Ein sie den Ruf eines hervorragenden
Porträtmalers derselben Zeit. Ein damaliger Kritiker, der eine Zeit lang
über die Ausstellungen im österreichischen Kunstverein referirte und
in der Befangenheit seines Urtheils nachgerade das Unglaublichste
leistete, liess an dem so angesehenen Künstler, wie man zu sagen
pflegt, keinen guten Faden, aber das Publikum kehrte sich nicht
daran und liess sich dennoch lieber von dem Beschimpften malen,
als von denen, die jener Herr in gleichem Uebermasse des Eifers
zu loben und anzupreisen beflissen war.*)
Anton Einsle war ein tüchtiger Porträtist, ein vielbeschäftigter
Maler, wodurch er vielleicht hie und da etwas handwerksmässig
werden mochte, aber er war ein Künstler, der gut und recht in
seiner Zeit stand und schon deshalb hier beachtet werden muss.
Jedem sein Recht und nur keine Parteistandpunkte, durch welche
jederzeit das Urtheil getrübt wird, indem es aufhört, objectiv zu sein.
Umsonst wird man kein so gesuchter Porträtist, wie Einsle einer
war; Reclame und Protection würden, wo es an wirklicher Begabung
und wahrhafter Berufung fehlt, niemals helfen, und daran hat
es bei diesem Maler wahrlich nie gemangelt.
Anton Einsle ist zu Wien, den 30. Jänner 1801, geboren, und
zwar als der Sohn des Mathias Einsle, welcher Erzeuger chir
urgischer Instrumente war. Die Voreltern Einsle’s waren zu Anfang
des vorigen Jahrhunderts aus Württemberg nach Wien eingewandert.
Der genannte Vater unseres Einsle heiratete eine arme,
jedoch durch Schönheit und Tugend ausgezeichnete Wienerin aus
geachteter Familie, Namens Therese Burghu her. Diesem Ehebunde
entsprossen 13 Kinder, von denen 10 starben, während zwei Töchter
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und das jüngste Kind Anton Einsle am Leben blieben. Die Mutter
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hatte noch das Glück, ihren Sohn wohlhabend und berühmt zu
Clienten kennt, gar so zu verargen, wenn er ihren Wünschen nach
zukommen sucht, wofür er doch ihr Geld nimmt? Uebrigens lag
dieses vielleicht hie und da zu weit gehende Nachgeben gerade in
seiner Individualität, die vom Beginne des künstlerischen Schaffens
nicht dem Kraftvollen, sondern vorwiegend dem Anmuthigen zu-
Genau so war auch der Mensch Sch rotzberg, eine
an
gestrebt hat.
liebenswürdige, zart besaitete Natur, wie ja in den meisten Fällen
die Werke des Künstlers mit seinem innersten Wesen übereinstimmen.
Die heutigen Erscheinungen auf dem Gebiete der Porträtmalerei
haben freilich den vormals so glänzenden Stern eines Schrotzberg
längst verdunkelt, wir dürfen aber nicht die Zeit und ihren Geschmack
in die dieses gesuchten Malers Wirken fällt, wie ja so
Vieles die Gegenwart so arg bemängelt, und bisweilen nur, weil der
Lebende Recht haben will.
Im Jahre 1867 wurde Schrotzberg von Sr. Majestät dem
Kaiser durch die Allerhöchste Verleihung des Ritterkreuzes des Franz
Joseph-Ordens ausgezeichnet. Von seinen Reisen durch Deutschland,
Belgien, Oberitalien, Paris und London erzählt der Künstler, dass
sie ihm theils zum Anschauungsunterrichte, theils zur Erholung ge
vergessen,
dient haben.
Von seinem Familienleben ist bekannt, dass es ein ausgezeich
netes gewesen ist, wie Schrotzberg überhaupt von feinen Umgangs
formen war, die sich auch in seinen stets raassvollen Urtheilen über
seine Standesgenossen erwiesen haben.
Am Abend seines Lebens zog er sich ganz von der Ausübung
seiner Kunst, wenigstens aus der Oeffentlichkeit, zurück und domi-
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cilirte mit seiner Familie in Graz, von wo aus er auch sein Selbst
porträt für die kaiserliche Gemälde-Gallerie eingesendet hat, welches
daselbst in der Nähe seiner »Leda«, die noch immer als ein beliebtes
Copisten-Object gilt, aufgehängt ist. Schrotzberg starb zu Graz
am 29. Mai 1889 im Alter von 78 Jahren. Seine Werke sind unge-
mein zahlreich, namentlich aber verbreitet in allen Palästen und
Schlössern der hohen und höchsten Aristokratie der ganzen Mon
archie, woselbst man sie auch aufzusuchen haben wird.*)
sehen, während der Vater unseres Künstlers schon früher das
Schon als Knabe fing Einsle an zu zeichnen
Zeitliche segnete,
und zu coloriren, und die kleinen Versuche, mit denen er begann,
bestanden zumeist in Copien nach Arbeiten, die von einem Bruder
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seines Vaters herrührten, der sich dem Malerberufe gewidmet hatte,
nach England ging, wo aber für die Familie in der Folge jede Spur
von ihm verloren gegangen ist. Der junge Einsle studirte anfänglich
in dem damals sehr beliebten Zo 11 ersehen Institute, wobei er
durch Musterzeichnen schon Etwas für die Seinen zu erwerben ver
mochte. Vom Gatten einer seiner beiden Schwestern erlernte er das
Vergolderhandwerk, doch litt es ihn nicht dabei, sein Streben ging
höher, und er kam schon am I. Juli 1812 an die k. k. Akademie
der bildenden Künste,**) woselbst er den ersten Preis »im Verzierungs-
*) Schrotzberg hatte in Ernest Lafite einen gut begabten Schüler und
quasi Nachfolger, von dem sich aber kein Werk in der kaiserlichen Gallerie be
findet. Derselbe überflügelte ihn nicht, war aber nichtsdestoweniger ein tüchtiger
Maler. Er war der Sohn eines französischen Emigranten, sprach gewandt das
Französische und besass die richtigen Salonmanieren eines Porträtmalers. Einzelne
seiner Bilder hatten sehr gute Erfolge, sie waren frisch und lebendig empfunden,
aber so wenig man Schrotzberg bei seiner stets ausgeglichenen Malweise einen
Coloristen nennen konnte, so war es auch bei Lafite bestellt, der nur häufig
einen frischeren Zug als sein Lehrer und Vorbild an den Tag legte,
wurde im Jahre 1825 zu Wien geboren und starb am 28. October 1885 daselbst
eines plötzlichen Todes, leider in tristen Verhältnissen, wie dies bei Künstlern so
häufig der Fall ist. Studirt hatte er an der k. k. Akademie der bildenden Künste,
trat dann in Verkehr mit Schrotzberg, für den er wohl vielfach gearbeitet
haben mochte, nachdem der Vielbeschäftigte sicher nicht alle die Wiederholungen,
die bei ihm bestellt wurden, selbst zu bewältigen im Stande war. Auf den Aus-
Stellungen im Künstlerhause sah man stets Werke von Lafite und er wirkte
auch einige Jahre im Ausschüsse der Künstlergenossenschaft. Im Kreise seiner
Genossen war er sehr beliebt, seine Art der Begegnung war eine distinguirte und
daher sympathische. Zu den besten Bildnissen des Künstlers zählen jene des
Graveurs Steinschneider, des Grafen Almasy, der Fiau von Wasserburger, des
Landschaftsmalers Ludwig Halauska, der Gemahlin des Künstlers u. s. w. Auch
Kinderbildnisse wusste Lafite recht glücklich zur Geltung zu bringen. Desgleichen
sind als sehr verdienstvolle künstlerische Leistungen seine mitunter sogar mit
einem gewissen coloristischen Zauber gemalten weiblichen Studienköpfe zu be
achten, von welchen der Verfasser ein reizvolles Exemplar besitzt. Ein Bruder von
ihm ist der ebenfalls seinerzeit wohlbekannte Landschaftsmaler Charles Lafite,
der ein Schüler von Franz Stein feid gewesen ist.
E. Lafite
*) Was soll man sagen, wenn Einer über einen vaterländischen Künstler
in solcher Weise schreibt, dem alle Ehren erwiesen werden. Wir lesen in Auer’s
»Faust«, 1856, Beilage Nr. 23, pag.
Künstlers macht frappant den Eindruck jener Papiertapeten, auf welchen bildliche
Darstellungen durch Kreidefärben mit Patronen aufgetragen sind. Es gibt nichts
Erdigeres, Unleuchtenderes, Dumpferes, als dies Grau in Grau und Kreideweiss
in Kreideweiss, und es gibt nichts Schrofferes und Unbeholfeneres als diese
Pinselführung.«
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**) Die Akademie-Acten geben sein Geburtsjahr mit 1790 an und bezeichnen
als Eintrittstermin den Monat November 1820, wonach er bis inclusive I. Semester
1828 an der Anstalt verweilt habe. Das kann vielleicht ein anderer Anton Einsle
gewesen sein (?); dass die oben angegebenen Daten richtig sind, also authentisch,
dafür spricht der Umstand, dass sie vom Sohne des Künstlers herrühren.
über Einsle: »Die Malmanier dieses
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