Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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Als Dritter im Bunde geniesst neben Amerling und Schrotz- 
berg der Hofmaler Anton Ein sie den Ruf eines hervorragenden 
Porträtmalers derselben Zeit. Ein damaliger Kritiker, der eine Zeit lang 
über die Ausstellungen im österreichischen Kunstverein referirte und 
in der Befangenheit seines Urtheils nachgerade das Unglaublichste 
leistete, liess an dem so angesehenen Künstler, wie man zu sagen 
pflegt, keinen guten Faden, aber das Publikum kehrte sich nicht 
daran und liess sich dennoch lieber von dem Beschimpften malen, 
als von denen, die jener Herr in gleichem Uebermasse des Eifers 
zu loben und anzupreisen beflissen war.*) 
Anton Einsle war ein tüchtiger Porträtist, ein vielbeschäftigter 
Maler, wodurch er vielleicht hie und da etwas handwerksmässig 
werden mochte, aber er war ein Künstler, der gut und recht in 
seiner Zeit stand und schon deshalb hier beachtet werden muss. 
Jedem sein Recht und nur keine Parteistandpunkte, durch welche 
jederzeit das Urtheil getrübt wird, indem es aufhört, objectiv zu sein. 
Umsonst wird man kein so gesuchter Porträtist, wie Einsle einer 
war; Reclame und Protection würden, wo es an wirklicher Begabung 
und wahrhafter Berufung fehlt, niemals helfen, und daran hat 
es bei diesem Maler wahrlich nie gemangelt. 
Anton Einsle ist zu Wien, den 30. Jänner 1801, geboren, und 
zwar als der Sohn des Mathias Einsle, welcher Erzeuger chir 
urgischer Instrumente war. Die Voreltern Einsle’s waren zu Anfang 
des vorigen Jahrhunderts aus Württemberg nach Wien eingewandert. 
Der genannte Vater unseres Einsle heiratete eine arme, 
jedoch durch Schönheit und Tugend ausgezeichnete Wienerin aus 
geachteter Familie, Namens Therese Burghu her. Diesem Ehebunde 
entsprossen 13 Kinder, von denen 10 starben, während zwei Töchter 
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und das jüngste Kind Anton Einsle am Leben blieben. Die Mutter 
* 
hatte noch das Glück, ihren Sohn wohlhabend und berühmt zu 
Clienten kennt, gar so zu verargen, wenn er ihren Wünschen nach 
zukommen sucht, wofür er doch ihr Geld nimmt? Uebrigens lag 
dieses vielleicht hie und da zu weit gehende Nachgeben gerade in 
seiner Individualität, die vom Beginne des künstlerischen Schaffens 
nicht dem Kraftvollen, sondern vorwiegend dem Anmuthigen zu- 
Genau so war auch der Mensch Sch rotzberg, eine 
an 
gestrebt hat. 
liebenswürdige, zart besaitete Natur, wie ja in den meisten Fällen 
die Werke des Künstlers mit seinem innersten Wesen übereinstimmen. 
Die heutigen Erscheinungen auf dem Gebiete der Porträtmalerei 
haben freilich den vormals so glänzenden Stern eines Schrotzberg 
längst verdunkelt, wir dürfen aber nicht die Zeit und ihren Geschmack 
in die dieses gesuchten Malers Wirken fällt, wie ja so 
Vieles die Gegenwart so arg bemängelt, und bisweilen nur, weil der 
Lebende Recht haben will. 
Im Jahre 1867 wurde Schrotzberg von Sr. Majestät dem 
Kaiser durch die Allerhöchste Verleihung des Ritterkreuzes des Franz 
Joseph-Ordens ausgezeichnet. Von seinen Reisen durch Deutschland, 
Belgien, Oberitalien, Paris und London erzählt der Künstler, dass 
sie ihm theils zum Anschauungsunterrichte, theils zur Erholung ge 
vergessen, 
dient haben. 
Von seinem Familienleben ist bekannt, dass es ein ausgezeich 
netes gewesen ist, wie Schrotzberg überhaupt von feinen Umgangs 
formen war, die sich auch in seinen stets raassvollen Urtheilen über 
seine Standesgenossen erwiesen haben. 
Am Abend seines Lebens zog er sich ganz von der Ausübung 
seiner Kunst, wenigstens aus der Oeffentlichkeit, zurück und domi- 
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cilirte mit seiner Familie in Graz, von wo aus er auch sein Selbst 
porträt für die kaiserliche Gemälde-Gallerie eingesendet hat, welches 
daselbst in der Nähe seiner »Leda«, die noch immer als ein beliebtes 
Copisten-Object gilt, aufgehängt ist. Schrotzberg starb zu Graz 
am 29. Mai 1889 im Alter von 78 Jahren. Seine Werke sind unge- 
mein zahlreich, namentlich aber verbreitet in allen Palästen und 
Schlössern der hohen und höchsten Aristokratie der ganzen Mon 
archie, woselbst man sie auch aufzusuchen haben wird.*) 
sehen, während der Vater unseres Künstlers schon früher das 
Schon als Knabe fing Einsle an zu zeichnen 
Zeitliche segnete, 
und zu coloriren, und die kleinen Versuche, mit denen er begann, 
bestanden zumeist in Copien nach Arbeiten, die von einem Bruder 
• • • • 
seines Vaters herrührten, der sich dem Malerberufe gewidmet hatte, 
nach England ging, wo aber für die Familie in der Folge jede Spur 
von ihm verloren gegangen ist. Der junge Einsle studirte anfänglich 
in dem damals sehr beliebten Zo 11 ersehen Institute, wobei er 
durch Musterzeichnen schon Etwas für die Seinen zu erwerben ver 
mochte. Vom Gatten einer seiner beiden Schwestern erlernte er das 
Vergolderhandwerk, doch litt es ihn nicht dabei, sein Streben ging 
höher, und er kam schon am I. Juli 1812 an die k. k. Akademie 
der bildenden Künste,**) woselbst er den ersten Preis »im Verzierungs- 
*) Schrotzberg hatte in Ernest Lafite einen gut begabten Schüler und 
quasi Nachfolger, von dem sich aber kein Werk in der kaiserlichen Gallerie be 
findet. Derselbe überflügelte ihn nicht, war aber nichtsdestoweniger ein tüchtiger 
Maler. Er war der Sohn eines französischen Emigranten, sprach gewandt das 
Französische und besass die richtigen Salonmanieren eines Porträtmalers. Einzelne 
seiner Bilder hatten sehr gute Erfolge, sie waren frisch und lebendig empfunden, 
aber so wenig man Schrotzberg bei seiner stets ausgeglichenen Malweise einen 
Coloristen nennen konnte, so war es auch bei Lafite bestellt, der nur häufig 
einen frischeren Zug als sein Lehrer und Vorbild an den Tag legte, 
wurde im Jahre 1825 zu Wien geboren und starb am 28. October 1885 daselbst 
eines plötzlichen Todes, leider in tristen Verhältnissen, wie dies bei Künstlern so 
häufig der Fall ist. Studirt hatte er an der k. k. Akademie der bildenden Künste, 
trat dann in Verkehr mit Schrotzberg, für den er wohl vielfach gearbeitet 
haben mochte, nachdem der Vielbeschäftigte sicher nicht alle die Wiederholungen, 
die bei ihm bestellt wurden, selbst zu bewältigen im Stande war. Auf den Aus- 
Stellungen im Künstlerhause sah man stets Werke von Lafite und er wirkte 
auch einige Jahre im Ausschüsse der Künstlergenossenschaft. Im Kreise seiner 
Genossen war er sehr beliebt, seine Art der Begegnung war eine distinguirte und 
daher sympathische. Zu den besten Bildnissen des Künstlers zählen jene des 
Graveurs Steinschneider, des Grafen Almasy, der Fiau von Wasserburger, des 
Landschaftsmalers Ludwig Halauska, der Gemahlin des Künstlers u. s. w. Auch 
Kinderbildnisse wusste Lafite recht glücklich zur Geltung zu bringen. Desgleichen 
sind als sehr verdienstvolle künstlerische Leistungen seine mitunter sogar mit 
einem gewissen coloristischen Zauber gemalten weiblichen Studienköpfe zu be 
achten, von welchen der Verfasser ein reizvolles Exemplar besitzt. Ein Bruder von 
ihm ist der ebenfalls seinerzeit wohlbekannte Landschaftsmaler Charles Lafite, 
der ein Schüler von Franz Stein feid gewesen ist. 
E. Lafite 
*) Was soll man sagen, wenn Einer über einen vaterländischen Künstler 
in solcher Weise schreibt, dem alle Ehren erwiesen werden. Wir lesen in Auer’s 
»Faust«, 1856, Beilage Nr. 23, pag. 
Künstlers macht frappant den Eindruck jener Papiertapeten, auf welchen bildliche 
Darstellungen durch Kreidefärben mit Patronen aufgetragen sind. Es gibt nichts 
Erdigeres, Unleuchtenderes, Dumpferes, als dies Grau in Grau und Kreideweiss 
in Kreideweiss, und es gibt nichts Schrofferes und Unbeholfeneres als diese 
Pinselführung.« 
. 
**) Die Akademie-Acten geben sein Geburtsjahr mit 1790 an und bezeichnen 
als Eintrittstermin den Monat November 1820, wonach er bis inclusive I. Semester 
1828 an der Anstalt verweilt habe. Das kann vielleicht ein anderer Anton Einsle 
gewesen sein (?); dass die oben angegebenen Daten richtig sind, also authentisch, 
dafür spricht der Umstand, dass sie vom Sohne des Künstlers herrühren. 
über Einsle: »Die Malmanier dieses 
3»
	        
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