Full text: Moderne Meister (Band 3, 1897)

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Wortlaut des diesbezüglichen Diploms mit seiner bureaukratischen 
Redseligkeit erkennt man die vormärzliche Zeit, aber die Ernennung 
von Mitgliedern der Akademie war eine ganz hübsche und gute In 
stitution, sie gab einem Künstler in der Oeffentlichkeit den Rang 
der Meisterschaft, während die damit verbundenen sogenannten 
Aufnahmswerke ein charakteristisches Material der jeweilig herr 
schenden Kunst für die Sammlungen der Anstalt abgegeben haben; 
wäre diese Institution weiter, selbst bis in unsere Zeit fortgeführt 
worden, so hätte man heute eine gar interessante und werthvolle 
Sammlung. Uebrigens nahm damals die Akademie eine ganz andere, 
ich möchte wohl sagen, weit höhere Position ein, als heute, wo sie in 
die Reihe der Hochschulen eingestellt erscheint und keine selbstständige 
Macht, kein Kunst-Areopag in jenem Sinne mehr ist, wie sie es 
damals noch war und einst noch 
viel mehr gewesen ist. 
Anton Einsle starb hochbetagt 
und als Künstlergeehrt Abends am io. 
März 1871. Sein Sohn Anton Einsle 
ist der Besitzer des Buch- und Kunst- 
Antiquariats in der Sonnenfelsgasse 
und steht, wenn er auch nicht dem Be 
rufe seines Vaters gefolgt ist, doch 
im innigsten Contacte zur Kunst.") 
Den ebenfalls bei Hofe sehr beliebt gewesenen Porträtmaler 
Josef Neugebauer, der allerdings nebenbei Kirchenmalerei betrieb, 
als Stillleben- und Blumenmaler aber vielleicht bedeutender als in 
allen übrigen Kunstfächern gewesen ist, reihen wir hier ein, weil 
das Bildnissmalen allezeit seine Hauptthätigkeit gewesen ist. Für uns 
war Neugebauer in seinem ganzen Wesen das wahre Bild eines 
Malermeisters: Streng in seiner Kunst, die so rein und klar war, 
wie der Mensch selber es jederzeit gewesen ist, bescheiden, liebens 
würdig, fast zu höflich, aber durch und durch ehrlich, dabei gefestigt 
in seiner Kunstausübung, die nichts Strahlendes an sich hatte, aber 
gut und rechtschaffen gewesen ist. Neugebauer gehörte noch ganz 
der älteren Wiener Schule an, seine frühen und jene Werke, welche 
noch in seine mittlere Lebensperiode fallen, haben eine feste, 
sogar 
hie und da eine markige Technik und 
Zeichnung, während er in späteren 
Jahren weicher und offener in den 
Farben, aber namentlich im Incarnat 
etwas wächsern geworden ist. Nichts 
destoweniger war Neugebauer bis 
in sein hohes Alter ein vielbe 
schäftigter Künstler. 
Josef Neu ge bau er ist zu 
Wien, den 14 April 1810, als der 
Sohn eines Beamten der ehemaligen 
Studien-Hofcommission geboren. Der 
selbe war, nach den vom Künstler von 
Melk aus am 11. Jänner 1892 dem 
Verfasser übersendeten kurzen bio 
graphischen Aufzeichnungen, zuerst 
Schüler des k. k. Hofmalers und 
ständige Secretär der Akademie«, Ludwig 
von Remi, an den Künstler gerichtet 
hat. Derselbe lautet: »Die kais. Akademie 
der vereinigten bildenden Künstler hat 
in ihrer am 12. Mai d. J. als Kunstgesell 
schaft abgehaltenen Generalversammlung 
Euer Wohlgeboren in Gemässheit des 
Paragraphes XLV der Statuten zu ihrem 
Kunstmitgliede erwählet. Ich gebe mir 
die Ehre, Euer Wohlgeboren hievon in 
Kenntniss zu setzen und in der Beilage 
das diesfällige Diplom nebst einem 
Exemplare der Statuten dieses k. k. Kunst 
institutes denenselben zu übersenden. 
Zugleich füge ich die Nachricht bei, dass, 
wenn dieselben dem Wunsche der Aka 
demie, von Ihnen, als neuernanntem Kunst 
mitglied, ein Werk zu besitzen, entsprechen zu wollen geneigt sind, dieses mit 
jenen andern einlangenden, ihr verehrten Aufnahms-Kunstwerken bei der ersten 
Generalversammlung zur Verherrlichung dieser Feierlichkeit öffentlich aufgestellt 
werden soll, und davon in den Protokolls-Verhandlungen ehrenvolle Erwähnung 
geschehen wird. Genehmigen etc. etc.« 
Nicht ohne Interesse dürfte es auch sein, den Wortlaut des damaligen Mit 
glieddiplomes, auf Pergament in gestochener Schrift, hier abzudrucken, 
lautet: »Die österreichisch kaiserliche Akademie der vereinigten bildenden Künste 
hat durch die ausgezeichneten Beweise, wodurch Seine Wohlgeboren Herr Anton 
Einsle, Historien- und Porträtmaler, Seine Liebe für die Künste und rühmliche 
Ausübung derselben stets bezeichnet hat, sich zur öffentlichen Anerkennung Seiner 
Verdienste um die Kunst aufgefordert gefunden und Denselben in der am 12. Mai 
laufenden Jahres gehaltenen feyerlichen Versammlung durch einmüthigen 
Beschluss zum akademischen Kunst-Mitglied ernannt, 
diesen Beschluss dem Herrn Anton Einsle 
bekannt macht, verheisst sie sich zuversichtlich, 
in Seinem für die Beförderung 
bezeugten Eifer ferner fortfahren, sondern auch die Aufnahme dieses vater 
ländischen Kunstinstitutes, mit dem Herr Einsle in einem engeren Verhältnisse 
verbunden ist, als einen besonderen, Ihm näher liegenden Gegenstand und Zweck 
Gustos der kaiserlichen Gemälde- 
Galerie Sigmund von Perger, be 
suchte sodann die k. k. Akademie 
unter Director A. Petter und den 
Redl, 
Kupelwieser.*) Das Jahr, wann 
sich Neugebauer in die Akademie aufnehmen Hess, hat uns der 
selbe nicht angegeben, doch entnehmen wir aus einer Notiz der 
»Neuen Freien Presse« ddo. 13. April 1880, dass er im Alter von 
18 Jahren die Akademie besucht habe. Seine Eltern wohnten in 
einem Hause gegenüber der Kirche zu Maria Trost, welche Neuge- 
Ender und 
Professoren 
NEUGEBAUER, Stillleben. 
Derselbe 
mangelhafte gewesen sind. Während wir diese Zeilen in den Druck legen, lesen 
wir nachfolgende Notiz in der »Neuen Freien Presse« vom 2. October 1897: »Der 
Buch- und Kunsthändler und Gemeinderath Herr Anton Einsle ist gestern 
Nachmittags nach kurzem Leiden im Alter von 49 Jahren gestorben. Derselbe 
wurde 1848 in Wien geboren und war seit 1876 Buch- und Antiquarhändler. Er 
wurde 1895 als Candidat der fortschrittlichen Partei vom zweiten Wahlkörper des 
Bezirkes Innere Stadt in den Gemeinderath gewählt. Nach der Auflösung des 
Gemeinderathes wurde Einsle 1896 neuerlich gewählt. Einsle befasste sich haupt 
sächlich mit dem Verkaufe alter Kunstblätter und Druckwerke und brachte wieder 
holt grosse und werthvolle Sammlungen dieser Objecte zur Versteigerung. Im 
Gemeinderathe hatte er keine Gelegenheit, persönlich hervorzutreten, doch war 
er ein treuer und zuverlässiger Parteigenosse. Er war ein Sohn des Hofmalers 
Anton Einsle, der als Porträtist in den Vierziger- und Fünfziger-Jahren in Wien 
sehr geschätzt war.« 
*) Nach den Acten der Akademie ist abermals fälschlich das Geburts 
jahr 1809 angegeben, weiters ergeben dieselben, dass unser junger Künstler 1839 
eingetreten sei, während er auch schon im Wintersemester 1832 daselbst einge 
tragen erscheint. 
Indem nun die Akademie 
durch gegenwärtige Urkunde 
Derselbe werde nicht nur 
und Unterstützung der Künste überhaupt 
betrachten.« 
»Gefertigt unter dem grossen akademischen Insiegel.« 
»Wien, den 12. Mai im Jahre Tausend Achthundert Drei und Vierzig.« 
»Der Curator der Akademie: Fürst Metternich« m. p. 
»Der Präsesslellvertreter der Akademie: Ludw. von Remy« m. p. 
Demselben hat der Verfasser hiemit für die gütigen Mittheilungen über 
seinen Vater zu danken, die bisher in der Literatur theils fehlerhafte oder höchst
	        
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