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Wortlaut des diesbezüglichen Diploms mit seiner bureaukratischen
Redseligkeit erkennt man die vormärzliche Zeit, aber die Ernennung
von Mitgliedern der Akademie war eine ganz hübsche und gute In
stitution, sie gab einem Künstler in der Oeffentlichkeit den Rang
der Meisterschaft, während die damit verbundenen sogenannten
Aufnahmswerke ein charakteristisches Material der jeweilig herr
schenden Kunst für die Sammlungen der Anstalt abgegeben haben;
wäre diese Institution weiter, selbst bis in unsere Zeit fortgeführt
worden, so hätte man heute eine gar interessante und werthvolle
Sammlung. Uebrigens nahm damals die Akademie eine ganz andere,
ich möchte wohl sagen, weit höhere Position ein, als heute, wo sie in
die Reihe der Hochschulen eingestellt erscheint und keine selbstständige
Macht, kein Kunst-Areopag in jenem Sinne mehr ist, wie sie es
damals noch war und einst noch
viel mehr gewesen ist.
Anton Einsle starb hochbetagt
und als Künstlergeehrt Abends am io.
März 1871. Sein Sohn Anton Einsle
ist der Besitzer des Buch- und Kunst-
Antiquariats in der Sonnenfelsgasse
und steht, wenn er auch nicht dem Be
rufe seines Vaters gefolgt ist, doch
im innigsten Contacte zur Kunst.")
Den ebenfalls bei Hofe sehr beliebt gewesenen Porträtmaler
Josef Neugebauer, der allerdings nebenbei Kirchenmalerei betrieb,
als Stillleben- und Blumenmaler aber vielleicht bedeutender als in
allen übrigen Kunstfächern gewesen ist, reihen wir hier ein, weil
das Bildnissmalen allezeit seine Hauptthätigkeit gewesen ist. Für uns
war Neugebauer in seinem ganzen Wesen das wahre Bild eines
Malermeisters: Streng in seiner Kunst, die so rein und klar war,
wie der Mensch selber es jederzeit gewesen ist, bescheiden, liebens
würdig, fast zu höflich, aber durch und durch ehrlich, dabei gefestigt
in seiner Kunstausübung, die nichts Strahlendes an sich hatte, aber
gut und rechtschaffen gewesen ist. Neugebauer gehörte noch ganz
der älteren Wiener Schule an, seine frühen und jene Werke, welche
noch in seine mittlere Lebensperiode fallen, haben eine feste,
sogar
hie und da eine markige Technik und
Zeichnung, während er in späteren
Jahren weicher und offener in den
Farben, aber namentlich im Incarnat
etwas wächsern geworden ist. Nichts
destoweniger war Neugebauer bis
in sein hohes Alter ein vielbe
schäftigter Künstler.
Josef Neu ge bau er ist zu
Wien, den 14 April 1810, als der
Sohn eines Beamten der ehemaligen
Studien-Hofcommission geboren. Der
selbe war, nach den vom Künstler von
Melk aus am 11. Jänner 1892 dem
Verfasser übersendeten kurzen bio
graphischen Aufzeichnungen, zuerst
Schüler des k. k. Hofmalers und
ständige Secretär der Akademie«, Ludwig
von Remi, an den Künstler gerichtet
hat. Derselbe lautet: »Die kais. Akademie
der vereinigten bildenden Künstler hat
in ihrer am 12. Mai d. J. als Kunstgesell
schaft abgehaltenen Generalversammlung
Euer Wohlgeboren in Gemässheit des
Paragraphes XLV der Statuten zu ihrem
Kunstmitgliede erwählet. Ich gebe mir
die Ehre, Euer Wohlgeboren hievon in
Kenntniss zu setzen und in der Beilage
das diesfällige Diplom nebst einem
Exemplare der Statuten dieses k. k. Kunst
institutes denenselben zu übersenden.
Zugleich füge ich die Nachricht bei, dass,
wenn dieselben dem Wunsche der Aka
demie, von Ihnen, als neuernanntem Kunst
mitglied, ein Werk zu besitzen, entsprechen zu wollen geneigt sind, dieses mit
jenen andern einlangenden, ihr verehrten Aufnahms-Kunstwerken bei der ersten
Generalversammlung zur Verherrlichung dieser Feierlichkeit öffentlich aufgestellt
werden soll, und davon in den Protokolls-Verhandlungen ehrenvolle Erwähnung
geschehen wird. Genehmigen etc. etc.«
Nicht ohne Interesse dürfte es auch sein, den Wortlaut des damaligen Mit
glieddiplomes, auf Pergament in gestochener Schrift, hier abzudrucken,
lautet: »Die österreichisch kaiserliche Akademie der vereinigten bildenden Künste
hat durch die ausgezeichneten Beweise, wodurch Seine Wohlgeboren Herr Anton
Einsle, Historien- und Porträtmaler, Seine Liebe für die Künste und rühmliche
Ausübung derselben stets bezeichnet hat, sich zur öffentlichen Anerkennung Seiner
Verdienste um die Kunst aufgefordert gefunden und Denselben in der am 12. Mai
laufenden Jahres gehaltenen feyerlichen Versammlung durch einmüthigen
Beschluss zum akademischen Kunst-Mitglied ernannt,
diesen Beschluss dem Herrn Anton Einsle
bekannt macht, verheisst sie sich zuversichtlich,
in Seinem für die Beförderung
bezeugten Eifer ferner fortfahren, sondern auch die Aufnahme dieses vater
ländischen Kunstinstitutes, mit dem Herr Einsle in einem engeren Verhältnisse
verbunden ist, als einen besonderen, Ihm näher liegenden Gegenstand und Zweck
Gustos der kaiserlichen Gemälde-
Galerie Sigmund von Perger, be
suchte sodann die k. k. Akademie
unter Director A. Petter und den
Redl,
Kupelwieser.*) Das Jahr, wann
sich Neugebauer in die Akademie aufnehmen Hess, hat uns der
selbe nicht angegeben, doch entnehmen wir aus einer Notiz der
»Neuen Freien Presse« ddo. 13. April 1880, dass er im Alter von
18 Jahren die Akademie besucht habe. Seine Eltern wohnten in
einem Hause gegenüber der Kirche zu Maria Trost, welche Neuge-
Ender und
Professoren
NEUGEBAUER, Stillleben.
Derselbe
mangelhafte gewesen sind. Während wir diese Zeilen in den Druck legen, lesen
wir nachfolgende Notiz in der »Neuen Freien Presse« vom 2. October 1897: »Der
Buch- und Kunsthändler und Gemeinderath Herr Anton Einsle ist gestern
Nachmittags nach kurzem Leiden im Alter von 49 Jahren gestorben. Derselbe
wurde 1848 in Wien geboren und war seit 1876 Buch- und Antiquarhändler. Er
wurde 1895 als Candidat der fortschrittlichen Partei vom zweiten Wahlkörper des
Bezirkes Innere Stadt in den Gemeinderath gewählt. Nach der Auflösung des
Gemeinderathes wurde Einsle 1896 neuerlich gewählt. Einsle befasste sich haupt
sächlich mit dem Verkaufe alter Kunstblätter und Druckwerke und brachte wieder
holt grosse und werthvolle Sammlungen dieser Objecte zur Versteigerung. Im
Gemeinderathe hatte er keine Gelegenheit, persönlich hervorzutreten, doch war
er ein treuer und zuverlässiger Parteigenosse. Er war ein Sohn des Hofmalers
Anton Einsle, der als Porträtist in den Vierziger- und Fünfziger-Jahren in Wien
sehr geschätzt war.«
*) Nach den Acten der Akademie ist abermals fälschlich das Geburts
jahr 1809 angegeben, weiters ergeben dieselben, dass unser junger Künstler 1839
eingetreten sei, während er auch schon im Wintersemester 1832 daselbst einge
tragen erscheint.
Indem nun die Akademie
durch gegenwärtige Urkunde
Derselbe werde nicht nur
und Unterstützung der Künste überhaupt
betrachten.«
»Gefertigt unter dem grossen akademischen Insiegel.«
»Wien, den 12. Mai im Jahre Tausend Achthundert Drei und Vierzig.«
»Der Curator der Akademie: Fürst Metternich« m. p.
»Der Präsesslellvertreter der Akademie: Ludw. von Remy« m. p.
Demselben hat der Verfasser hiemit für die gütigen Mittheilungen über
seinen Vater zu danken, die bisher in der Literatur theils fehlerhafte oder höchst