Full text: Galerie des neunzehnten Jahrhunderts im Oberen Belvedere

sind die primären Prinzipien der Sammlung alter Kunst, die alle Schwankungen 
der Anschauungen fruchtbringend überdauerten, mit den musealen Prinzipien 
der. Systematik und der Bevorzugung der heimischen Kunst derart verbunden, 
daß die Beherrschung dieser Aufgabe durch den Staat die musealen Aufgaben 
unserer Zeit in ihrer Gesamtheit entrollte und klarlegte. Seltsam im Zwang 
der Ereignisse folgte die klare Wandlung. Bei ihrer Gründung erhielt die 
Moderne Galerie einen Umfang ihres Wirkungskreises im historischen Gebiet, 
der ihrem Wesen scheinbar widersprach. Doch für die museale Darstellung 
der Kunst unserer Epoche mußten erst die festen Grundlagen im Historischen 
geschaffen werden, die zunächst durch die Einbeziehung Waldmüllers und 
der Biedermeierzeit, aus der er erwuchs, abgesteckt wurden. Mit einer Gruppe 
von Gemälden, die in der staatlichen Akademiegalerie hiefür zur Verfügung 
gehalten worden waren und namentlich mit Neuerwerbungen wurde, nachdem 
eine versuchte Verbindung mit der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich 
sich als praktisch undurchführbar und zu kulturgeschichtlich orientiert erwiesen 
hatte, der erforderliche Aufbau versucht, zugleich als ideale Konkurrenz und 
Ergänzung der ungefügen modernen Abteilung der Kaiserlichen Gemäldegalerie. 
Diese Tendenz — vor allem bemüht, die heimische Produktion als historisches 
Phänomen zur Geltung zu bringen — verankerte sich immer tiefer im Histori- 
schen. Aus der Modernen Galerie wurde eine Staatsgalerie zur Pflege der 
österreichischen Kunst, Malerei und Plastik — seit der Gotik, seit ihren An- 
fängen, zur Repräsentanz internationaler Kunst seit Abgrenzung der sogenannten 
»Moderne« in der alten Belvederegalerie; denn im Jahre 1900 besaß die kaiser- 
liche Sammlung mit Ausnahme einer Widmung vom ganzen 19. Jahrhundert 
kein einziges namhaftes Werk eines ausländischen Künstlers. Das Programm 
hatte als Hilfskonstruktion besonderen Wert; auf die Dauer konnte es nicht 
allein bestehen bleiben, ohne das Ziel zu verrücken. Auch barg es im Kern 
eine Gefahr für das errungene Ausleseprinzip der künstlerischen Qualität. 
Dem historischen Überblick erscheint da als erwünschtes Gegengewicht die 
fast gleichzeitig erfolgte Neuaufstellung der alten Meisterwerke und die in 
Angriff genommene Gruppierung des Nebensächlichen zu einer Sekundär- 
und Studiengalerie der Gemäldesammlung im Kunsthistorischen Museum. Die 
Umstellung erforderte auch die vorläufige Magazinierung der modernen Ab- 
teilung. Dadurch war der Ausgleich der musealen Interessen fast unvermutet 
angebahnt worden. Denn bald hernach gewährte Kaiser Franz |Josef die 
Einreihung einer Auswahl von dreißig der wichtigsten Kunstwerke aus der 
modernen Abteilung in die durch Neuerwerbungen reich vermehrten Bestände 
der Staatsgalerie als Leihgabe. Durch den Zusammenbruch der Monarchie 
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