wurde der Entwicklungsprozeß beschleunigt. In konträrer Auslösung der Er-
eignisse gewannen die musealen Dispositionen die wesentlichen Stützen: Raum
und Vereinheitlichung. Das Obere Belvedere — zunächst umstritten als Spiel-
bank oder Invalidenheim — wurde wieder für museale Zwecke verfügbar, die
»moderne Abteilung« des Hofmuseums wurde der Österreichischen Staats:
galerie zugewiesen, die gotischen Sammlungsobjekte österreichischer Provenienz
aus der Staatsgalerie fügten sich organisch den Sammlungen alter Meister im
Kunsthistorischen Museum ein, verstärkten die auch in jenen Sammlungen
endlich notwendig gewordene systematische Stellungnahme zur älteren heimi-
schen Kunst, ihren Wert in der Auslese bewährend. Aus den Bemühungen,
das künstlerische Vermächtnis der Monarchie wesentlich zu erfassen und zu
gruppieren, kristallisierte sich zunächst eine museale Einheit besonderer Art:
das Österreichische Barockmuseum im Unteren Belvedere, die Entfaltung der
heimischen Kunst — amorph in der Verteilung auf einzelne Sammlungen,
verwahrlost in fremder Umgebung, vergessen in Depots — in der Pracht der
Räume ihrer Zeit. Diese Kunst, ein jugendliches Spiel der drei Geschwister-
künste, umfaßt kaum ein Jahrhundert und endet mit der Maria: Theresianischen
Zeit. Und für den weiteren Aufbau kehren wir zum Standpunkt vor 150 Jahren
zurück, als der alten Belvederegalerie eine nationale, moderne Schule ange:
gliedert wurde. Denn die zeitliche Abgrenzung der klassierten älteren von
der neueren Kunst kam in den musealen Wandlungen fast unverrückt wieder
zum Vorschein; die Beschränkung auf die sogenannte nationale Schule mußte
wohl in seichter Fährte verebben, die Erkenntnis aber wurde immer deutlicher,
daß ihrer besonderen Bevorzugung in diesen Zeiten ein tieferer Sinn inne-
wohnt. Nach den Orgelklängen der barocken Welt ertönte die menschliche
Stimme deutlicher — eine eigenartige Kunst, vorherrschend in der Malerei,
erwuchs zu ruhiger Bildung, umfriedet von einheitlich bürgerlicher Kultur.
Ihr Charakter ist darum wesentlich anders geartet als der internationale Adel
alter Meisterwerke; ihre Werke sind uns durch Zeit und Ort der Entstehung
zugänglicher und inniger verbunden. Die Angliederung an jene verursachte
eine ungleiche, unsichere Einstellung. Die selbständige museale Einheit erst
schafft ihnen gebührend Recht und Pflicht: den Wert ihrer Auslese im Kunst-
schaffen der eigenen Zeit zu erweisen. Von der josephinischen Aufklärungszeit,
vom ausgehenden 18. Jahrhundert, führt eine ungebrochene Entwicklung
bis zu den Achtziger:z, Neunzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, bis zur
Divergenz in dekorative Gebärde und Stimmungsharmonie, im. Widerstreit
mit den Errungenschaften der mechanistischen Weltanschauung. Aus den ver-
fügbaren Beständen, der modernen Abteilung des Kunsthistorischen Museums,
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