Schloß besteht aus fünf Baueinheiten, die durch die Aufrißgestaltung zu einem
geschlossenen Architekturkörper verbunden sind. An die drei mittleren Pavillons
mit zwei Flügelbauten schließen sich oktogonale Ecktürme. Während der
Mittelpavillon an der Gartenseite in gleicher Tiefe wie die Flügeltürme aus
der durchlaufenden Gebäudefront tritt, erscheint die Bewegung der Höhe nach
einseitig gegen die Mittelachse zu in einer zentralen Gipfelung zusammen”
gefaßt. Nur die drei mittleren Pavillons tragen ein drittes Geschoß, so daß
die Linie des Dachkonturs von den Außenflügeln bis zur Höhe in dem mittleren
Mansartdach ansteigt. Die Ecktürme nehmen die niederfallende Bewegung in
einer leichten Aufwellung wieder auf.
Der Baukörper ist der Tiefe nach von geringer Erstreckung. In dem Erd:
geschoß ist vor die Hoffront eine auf Pfeilern ruhende Einfahrtshalle mit
einem bewegt profilierten Giebel gelegt. Das Erdgeschoß erscheint ohne vertikale
Gliederung nur durch horizontale Rustikalinien charakterisiert und war in dem
Mittel: wie in den Eckpavillons und den beiden eingeschossigen Außenflügeln
der Gartenseite in Arkaden aufgelöst. Ein schmales Gesims trennt das Erd:-
geschoß von dem Hauptstockwerk, so daß es mit diesem eine alle Bauteile
durchlaufende Einheit bildet, während das Abschlußgesims des Hauptgeschosses
— es ist an den Außenflügeln und Eckpavillons zugleich die Ansatzlinie
des Daches — viel stärker schattend vortritt. Es scheidet das aufgesetzte zweite
Stockwerk als selbständige Einheit aus, die auch durch die Einziehung auf
die mittleren drei Bauteile betont wird. Alle vertikalen Architekturglieder,
Pilaster und Verputzrahmen sind verdoppelt. Der Verstärkung der vertikalen
Richtung wirkt aber die Auflösung der Glieder durch Scheibenmotive, Band-
muster und Blütenschnüre entgegen. Die Kapitäle sind in Bandgitter und
Volutenbänder umgebildet. Und an den Fensterumrahmungen entwickelt sich
reichstes plastisches Ornament. Die unbehandelte Mauer verschwindet fast
vollkommen in der Fülle der in Licht und Schatten sich modellierenden
plastischen Dekoration. Diese Umbildung der Mauer in eine optische Bewegung,
die an den Fronten des Unteren Belvederes erst in ihren Anfängen sich an-
kündigte, hat in dem Bau des Oberen Belvederes ihren Höhepunkt erreicht:
jene absolute Entmaterialisierung der Mauerfläche durch optische Mittel zu
einer flimmernden Gesamtbewegung, die, mit dem Fernbilde der einseitig auf
die Silhouettenwirkung entwickelten Architekturerscheinung sich verbindend,
die reinste Formulierung von Hildebrandts architektonischem Wollen darstellt.
Der Mittelpavillon öffnet sich im Erdgeschoß an der Nordseite in fünf
Arkadenbögen gegen das Gartenparterre: die Sala terrena, ein querrechteckiger
Raum mit abgeschrägten Ecken, wird von kuppeligen Muldengewölben über-
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