Full text: Galerie des neunzehnten Jahrhunderts im Oberen Belvedere

Schloß besteht aus fünf Baueinheiten, die durch die Aufrißgestaltung zu einem 
geschlossenen Architekturkörper verbunden sind. An die drei mittleren Pavillons 
mit zwei Flügelbauten schließen sich oktogonale Ecktürme. Während der 
Mittelpavillon an der Gartenseite in gleicher Tiefe wie die Flügeltürme aus 
der durchlaufenden Gebäudefront tritt, erscheint die Bewegung der Höhe nach 
einseitig gegen die Mittelachse zu in einer zentralen Gipfelung zusammen” 
gefaßt. Nur die drei mittleren Pavillons tragen ein drittes Geschoß, so daß 
die Linie des Dachkonturs von den Außenflügeln bis zur Höhe in dem mittleren 
Mansartdach ansteigt. Die Ecktürme nehmen die niederfallende Bewegung in 
einer leichten Aufwellung wieder auf. 
Der Baukörper ist der Tiefe nach von geringer Erstreckung. In dem Erd: 
geschoß ist vor die Hoffront eine auf Pfeilern ruhende Einfahrtshalle mit 
einem bewegt profilierten Giebel gelegt. Das Erdgeschoß erscheint ohne vertikale 
Gliederung nur durch horizontale Rustikalinien charakterisiert und war in dem 
Mittel: wie in den Eckpavillons und den beiden eingeschossigen Außenflügeln 
der Gartenseite in Arkaden aufgelöst. Ein schmales Gesims trennt das Erd:- 
geschoß von dem Hauptstockwerk, so daß es mit diesem eine alle Bauteile 
durchlaufende Einheit bildet, während das Abschlußgesims des Hauptgeschosses 
— es ist an den Außenflügeln und Eckpavillons zugleich die Ansatzlinie 
des Daches — viel stärker schattend vortritt. Es scheidet das aufgesetzte zweite 
Stockwerk als selbständige Einheit aus, die auch durch die Einziehung auf 
die mittleren drei Bauteile betont wird. Alle vertikalen Architekturglieder, 
Pilaster und Verputzrahmen sind verdoppelt. Der Verstärkung der vertikalen 
Richtung wirkt aber die Auflösung der Glieder durch Scheibenmotive, Band- 
muster und Blütenschnüre entgegen. Die Kapitäle sind in Bandgitter und 
Volutenbänder umgebildet. Und an den Fensterumrahmungen entwickelt sich 
reichstes plastisches Ornament. Die unbehandelte Mauer verschwindet fast 
vollkommen in der Fülle der in Licht und Schatten sich modellierenden 
plastischen Dekoration. Diese Umbildung der Mauer in eine optische Bewegung, 
die an den Fronten des Unteren Belvederes erst in ihren Anfängen sich an- 
kündigte, hat in dem Bau des Oberen Belvederes ihren Höhepunkt erreicht: 
jene absolute Entmaterialisierung der Mauerfläche durch optische Mittel zu 
einer flimmernden Gesamtbewegung, die, mit dem Fernbilde der einseitig auf 
die Silhouettenwirkung entwickelten Architekturerscheinung sich verbindend, 
die reinste Formulierung von Hildebrandts architektonischem Wollen darstellt. 
Der Mittelpavillon öffnet sich im Erdgeschoß an der Nordseite in fünf 
Arkadenbögen gegen das Gartenparterre: die Sala terrena, ein querrechteckiger 
Raum mit abgeschrägten Ecken, wird von kuppeligen Muldengewölben über- 
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