Die Ausstellung „Europäische Malerei im 19. Jahrhundert“
stellt sich die Aufgabe, nicht in herkömmlicher Weise ihre
Besucher vom malerischen Geschehen und seiner Entwicklung
in den verschiedenen Kulturzentren der Alten Welt während
des verflossenen Jahrhunderts zu unterrichten; sie versucht
vielmehr, aus den oft gleichzeitig mit ähnlichen oder ganz
anderen Problemen beschäftigten Künstlern verschiedener
Länder jene herauszuarbeiten, deren Schaffen sich wegweisend
auswirkte. Ihr Einfluß erweist sich dann auch Jahrzehnte
später bei Malern anderer Völker wirksam.
Die Ursache der Vielfalt der Wege und Erscheinungen der
europäischen Malerei im 19. Jahrhundert ist in der rationalen
Geisteshaltung dieser Zeit begründet. Sie steht zur letzten ein
heitlichen geistigen Ausdrucksweise Europas während des
Barocks in auffälligem Gegensatz. War es am Jahrhundert
beginn noch die Nachwirkung der Aufklärung und in der
Folge die Stärkung der bürgerlichen Gesellschaft, so setzte
bereits vor der Jahrhundertmitte das Zeitalter der Industriali
sierung und damit einer allgemeinen Umwertung bisher fester
Begriffe ein.
Die österreichische Galerie vermag infolge ihrer schönen
Sammlung deutscher und der kleineren aber qualitätvollen
Sammlung französischer Gemälde vom Frühklassizismus bis
zum Spätimpressionismus sowie durch Einbeziehung des um
fangreichen und überwiegenden österreichischen Materials
immerhin einen klaren Überblick über das Thema zu geben.
In den sechzehn Sälen des ehemaligen kaiserlichen Wohn-
geschosses in der Wiener Burg ist die Ausstellung bis Ende
März 1951 zu sehen. Ihre nur kurze Dauer ist in der Wieder
verwendung der vormaligen Kaiserappartements für Schau-
zweckc begründet.
Um die Durchführung der Veranstaltung haben sich Professor
Dr. Fritz Novotny und Dr. Maria Jose Liechtenstein, von der
auch die Einführung stammt, besonders verdient gemacht.
Wien, im Jänner 1951 Prof. Dr. Karl GarzarolU