7
lichten Dunst, während der Vordergrund fest und greifbar
gegeben ist. — All diese Bemühungen finden in Pissarros Bild,
einem der frühesten Werke des Impressionismus, ihr Ziel.
Bisher waren Licht und Luft Medien, die zwischen Vorder-
und Hintergrund eingeschoben wurden. Hier aber werden
Objekt und Licht eins, und es entsteht etwas Neues: das vom
Licht durchtränkte, im Licht aufgelöste Objekt. In dem Bild
dieser Häuserzeile mit ihrem Grau, Weiß, Grün und Schwarz
ist das geschehen.
Saal IX (um 1850—1880)
Bevor wir die weitere Entwicklung des Impressionismus ver
folgen, wenden wir uns der gleichzeitigen „Gedankenmalerei“
zu. Die Künstler dieser Richtung lehnen sich bewußt an die
Kunst vergangener Zeiten an. Feuerbach vertritt einen ver
späteten Klassizismus in seiner Farbfeindlichkeit und der Vor
liebe für reliefhafte Wirkung. Das Bildnis Lenbachs von
Böcklin, das sich vom blauen Himmel abhebt, wurde in An
ordnung und Farbwirkung durch Holbein angeregt. Im Bildnis
des Dichters Marbach von Marees tritt als etwas in die Zu
kunft Weisendes eine starke Architektonik im Bildaufbau her
vor. — Rahl, Makart und Canon knüpfen an die barocke
Tradition an. Das Gedanklich-Erzählerische wird in stärk
stem Maße durch den „Erlkönig“ von Schwind vertreten,
dessen künstlerische Wirkung auf der Gewalt der Linie beruht.
Saal X (um 1870-1905)
In diesem Saal werden die Prinzipien der impressionistischen
Malerei deutlich. Um die Verschiedenheit des Lichtes aufzu
zeigen, malen die Künstler ähnliche Objekte zu verschiedenen
Tageszeiten, wie zum Beispiel Corot seine „Baumlandschaften“.
Das Überspinnen der Dinge mit einem silbriggrauen Schleier
ist für die Spätzeit des Meisters charakteristisch. — Die
wissenschaftliche Erkenntnis, daß das Sonnenlicht aus den
sieben Farben des Regenbogens zusammengesetzt ist, wird
nun ins Leben umgesetzt. So darf der Künstler keine unreinen
Farben mehr verwenden, die Farben nicht mehr mischen; er
setzt reine Farben in kleinen Pinselhieben nebeneinander, so
daß sich, von einer bestimmten Entfernung aus betrachtet, im
Auge des Beschauers die Farbmischung vollzieht. Ein beson
ders schönes Beispiel hiefür ist Renoirs Bild „Badende Frau“
von 1876. — Auch die Wiedergabe von Weiß und anderen an
sich nicht „farbigen“ Farben — wie Grau und Schwarz —