MALEREI UND PLASTIK
Die österreichische Barockkunst läßt sich ihrer Entwicklung ent
sprechend in frühbarocke (1600—1650), hochbarocke (1630—1723) und
spätbarocke (1725—1780) Epochen gliedern; seit der Mitte des 18. Jahr
hunderts ist im Spätbarock das Rokoko, wenngleich in weitaus be
scheidenerem Umfange als in den Nachbarländern, manifest.
Historisch gesehen, umfaßt das Frühbarock Kampf und Sieg der
Gegenreformation: als seine Brennpunkte können die Schlacht am
Weißen Berge und der westfälische Friede gelten. Das Hochbarock
brachte durch die weltweite Ausnützung der siegreichen Türkenkriege
unter den Kaisern Leopold I„ Joseph I. und Karl VI. den österreichi
schen Erbländern Rang und Gewicht einer Weltmacht und Wien als
kaiserlicher Residenzstadt wenigstens den Schein des Übergewichtes
vor allen übrigen Reichsstädten. Die Verteidigung des europäischen und
erbländischen Regierungsprogrammes der Habsburger und der Beginn
der Privatinitiative hinsichtlich Kommerzialisierung und Industriali
sierung des Erwerbslebens kennzeichnet das Spätbarock und seinen
Äusklang. ;
Kunsthistorisch betrachtet, wurden in der ersten Hälfte des
17. Jahrhunderts in den habsburgischen Ländern und im souveränen Fürst-
erzbistume Salzburg alle bedeutenderen Kunstbedürfnisse von land
fremden Kräften bestritten, die unter dem Einflüße des nordischen
Manierismus, des niederländischen Romanismus oder des oberitalienisch
venezianischen Barocks standen. Von dieser Künstlerschaft zeigt die
Ausstellung nur wenige Einzelwerke, hauptsächlich der Kleinplastik aus
dem Stifte Nonnberg in Salzburg, die alle dem süddeutschen Kunstkreise
angehören. )
Niederländische, süddeutsche und italienische Künstler (Bau
meister, Bildhauer, Schnitzer, Maler und Kunstgewerbler) waren es
no, die inn den ersten Regierungsjahren Kaiser Leopold I. die wachsen
den Ansprüche befriedigten; ihre geistige Führung in römisch-katholi
schem Sinne besorgten zunächst die Jesuiten. Von großer Wichtigkeit,
besonders für den Benediktinerorden, war seit 1663 als Verbreiter
eines neuen Kirchentypus, dessen mehrgliedriger Körper durch ein um
laufendes Kranzgesimse gefaßt wurde und in dem Stuckdekoration und
Gewölbefresken eine bedeutende Rolle spielten, die Comaskenfamilie
Carlone; ihre Mitglieder übten alle Kunstzweige.
Mit den beiden letzten 'Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts nahm
‘die Bau Tätigkeit und die Baukunst inToIge der allgemeinen Hebung des
wirtschaftlichen Lebens in Österreich großartige Formen an. Ihr schöpfe
rischer Geist gibt dem Hochbarock sein Gepräge.
Johann Bernhard Fischer von Erlach, in Rom Schüler Bsrninis,
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