subtilen, gewählten Farben und Formen eines tüchtigen
Klimt-Epigonen genug getan zu haben. Nicht einmal das
Verständnis Muthers drang damals tiefer und unbegreiflich
mußte der Wandlungsprozeß wirken, der sich an den sinnlich
erfreuenden Farben vollzog, da sie zu unsinnlicher Fahlheit
erstarben, während grünliches, bläuliches, rost- und brandrotes
Geäder die gewölbten Schädel von Siechen und steilen
Asketen umspannte. Es mußte unbegreiflich wirken, -— denn
mit den süßen Voraussetzungen der W. W. ging es da nicht
weiter. Diese Farben waren durch etwas ganz anderes als
die Anpassung an einen schwarz-weißen Innenraum mit
spiegeligen Vitrinen bedingt: durch eine aus Hüllen brechende
Geistigkeit, die auch die Linie zu dem machte, daß „steil“
und „gewölbt“ ihre Namen wurden. Ja, die Linie! Sie
beansprucht das Recht der Erstgeburt für sich, und denke
ich mir die Bilder jener Zeit, die „Generation“, die herben,
roten Akte, die Porträts und vieles andere des fruchtbaren
Künstlers vor Augen entstehend, so tritt sie als das Primäre
aus der freskengroßen Weiße des Grundes hervor. Der
Umschwung hatte sich vollzogen. Die an der Kultur des
beginnenden Schiele Freude gefunden, standen an einem
Scheideweg und nicht viele waren es, die ihm in ehrlicher
Bewunderung folgten. — Wenn das junge Genie dem
Tasten des Anfangs entwächst, werden die Freunde gesiebt
und nur die wirklich Überzeugten, Erkennenden sind im
Stande, seinen weiteren Schöpfungen gerecht zu werden. —
Dem Gewaltigen ist jedes Ansdrucksmittel zugänglich und
kein Weg liegt ihm zu abseits, daß er nicht einige Schritte
auf ihm täte. Den Zug aber kann man in den meisten
Fällen verfolgen: das Hinneigen zu einer Ausdrucksform,
so klar geprägt, daß die schöpferische Individualität nach ihr
benannt wird. Grünewald bedeutet den „Maler“, Dürer „den
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