Full text: Das Wiener Kind - Bildnisse aus zwei Jahrhunderten

Ungleich weiter als die mit großem Erfolg in den 
Herbstmonaten 1930 veranstaltete Ausstellung „Dieschöne 
Wienerin“ greift zeitlich die Ausstellung „Das Wiener 
Kind“ aus. Bildnisse aus den letzten zwei Jahrhunderten 
wurden vereinigt, um das Antlitz des Wiener Kindes in 
seinen wechselnden Erscheinungen sichtbar zu machen. Die 
größere Gleichartigkeit der Kinderbildnisse,sowohlim Phy- 
siognomischen der Modelle als auch in der künstlerischen 
Differenzierung des Darstellungsproblemes, spannte die 
zeitlichen Grenzen der Ausstellung vom Barock bis zur 
Gegenwart aus. Trotzdem vieles Angestrebte für die Aus- 
stellung nicht erreicht werden konnte, erscheinen die ver- 
schiedenen Zeitalter der geschichtlichen Situation in ge- 
nügender Deutlichkeit. Wie in der Ausstellung „Die schöne 
Wienerin“ treten die Maler hinter die Modelle zurück. Die 
Versammlung der Bildnisse illustriert erst in zweiter Linie 
die künstlerischen Schicksale der österreichischen Malerei. 
Die Bildnisse stellen die Kinder vor, in ihrer individuellen 
Erscheinung und in der Umgebung ihres unmittelbaren 
Daseins. Das barocke Kind, in prunkvoller Kleidung wie 
auf einer Bühne paradierend, ohne tiefergreifende Cha- 
rakteristik der individuellen Züge. Es ist das adelige Kind. 
für dessen Erscheinung die repräsentative Haltung wich- 
tiger war als das persönliche Antlitz. Die Zeit des Klassizis- 
mus, die das Kind über die Sphäre des Wirklichen erhob. 
Als Amor oder als Putto schwebte es, vom Pomp der 
barocken Kleidung befreit, mit nacktem Körper über den 
Wolken. Die Welt wurde bürgerlich. Und der bürgerliche 
Künstler fand das Kind als Kind, in seiner schlichten All- 
täglichkeit. Das Kind und sein Leben wurden zu Themen 
des Altwiener Genrebildes. Am natürlichsten entfalteten 
sich die vielen kleinen Züge frühester Beziehung zu den 
 
	        
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