Full text: Das Wiener Kind - Bildnisse aus zwei Jahrhunderten

  
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Eltern und zu den Geschwistern und wurden Anlaß zu 
menschlicher Rührung. Das Kind erschien aber auch als Ein- 
zelpersönlichkeit ausgeprägter als früher in den Bildnissen 
der Altwiener Maler und Miniaturisten. Wie malten Daf- 
finger, Fendi, Danhauser und Waldmüller den Zauber 
reiner Kindlichkeit, den Duft zarter Jugend oder das Herbe 
eines noch kaum aufgeschlossenen Lebens! Waldmüller 
führte die Kinder aus den Stuben der Altwiener Bürger- 
häuser in die sonnige Landschaft. Er entdeckte die Kinder 
der Vorstadt und die Bauernkinder in der Umgebung 
Wiens. Auf seinem Bilde der Gratulanten treffen sich die 
verschiedenen Zonen: Zu städtischen Partien mit ihren 
Kindern kommen die Kinder vom Lande. Nach dem Tode 
Waldmüllers ist die wirklichkeitsvolle Lebensnähe der 
Kinderbildnisse wieder verloren. Die Gesichter der Kinder 
werden allgemeiner und konventioneller. Es sind viele 
Kinder von Malern unter den Bildnissen: Söhne, Töchter 
und Enkel erscheinen — immer wieder als die nächsten 
und brauchbarsten Modelle — in den Bildern von Agricola, 
Ebert, Eduard Ender, Gaupmann, Karl Goebel, Hassl- 
wander, Makart, Neugebauer, Reiter, Albert Schindler, 
Schrotzberg und Stohl. Wie Fendi, Danhauser oder Wald- 
müller ist keiner der späteren Wiener Maler dem Kinde 
zugetan gewesen. Und keiner hat so wie Fendi die Welt 
der Kinder in kostbaren Aquarellen verherrlicht oder in 
einer kaum überschaubaren Reihe von strahlenden Ol- 
bildern verewigt wie Waldmüller. Anton Einsle und Johann 
Baptist Reiter fanden unter den schwächeren Erben der 
Alt-Wiener Generation am überzeugendsten eigene Töne: 
Einsle, die Schärfe der zeichnerischen Form Waldmüllers 
in breiterer farbiger Plastik lösend, Reiter, die Stofflichkeit 
von Haut und Kleidung in einer persönlich differenzieren- 
den Farbigkeit schildernd, deren schillernder Reichtum 
manchmal auf Romakos Impressionen weist. In Makarts 
dekorative Bildwelt treten die Kinder wieder in alle- 
gorischen Rollen. Sie spielen als nackte Putten auf archi- 
tektonischem Rollwerk oder personifizieren in jugend- 
lichem Akt den Frühling. Ihre individuelle Natur ist ein- 
 
	        
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