Full text: XXXIII. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession Wien

Aufgaben weihen möchte. Helfer war Plecnik 
bei der jüngsten Monumentalplastik Wiens, 
dem bald zur Vollendung gelangten Karl 
Borromäus-Brunnen. 
Es hat ihn Josef Engelhart erdacht und 
gebildet. Da konnte er seiner Passion, sich 
als Plastiker zu betätigen, in vollem Aus- 
maße Genüge tun. Die drei, das Wirken 
des Patrons illustrierenden Gruppen rings um 
den von einem Obelisken überragten Mittel- 
stamm, die dreimal fünf Putti, welche die 
mit allerlei Getier bedachten Brunnenschalen 
tragen, endlich die Wasserspeier haben die 
modellierende Hand des Malers lange be- 
schäftigt. Daß neuestens so viele Maler sich 
der Bildhauerei zuwenden, mag darin be- 
gründet sein, daß sie darin ein Korrektiv 
gegen die malerisch zerflossene Formen- 
gebung erblicken. Außer jener reichen Fülle 
von Rundplastiken, die durch Frömmel in 
Bronze gegossen wurden, hat Engelhart ein 
Marmorrelief gebildet, das für Brioni be- 
stimmt und dem Andenken des Bekämpfers 
der Malaria, Geheimrat Koch, gewidmet ist. — 
Die im Vorjahre ausgestellte Kolossalgestalt 
eines Sankt Michael, von Ferdinand Andri 
in Holz geschnitzt, wurde durch Hans 
Faustner als getreue Kopie in Kupfer ge 
trieben und wird demnächst schon, teilweise 
bemalt und vergoldet, die Kreuzung des 
Bauernmarkts und der Brandstätte beherr- 
schen. Auf einem Grabmal in Bad Hall 
findet eine Plastik von Rudolf Bacher, der 
auch gelegentlich den Pinsel mit dem Mo- 
dellierholz tauscht, ihren Platz: das in Blei 
gegossene Hochrelief von sieben einen Feston 
tragenden Kindern, ein schlicht naturan- 
dächtiges Werk. — Edmund Hellmer hat 
zwei sehr verschiedene, bedeutsame Pro- 
bleme zu lösen. Während er an dem wieneri- 
schen Denkmal für Johann Strauß arbeitet, 
beschäftigt ihn im Geiste schon das für 
Kaiserin Elisabeth, mit dessen Gestaltung 
ihn Kaiser Wilhelm als Schloßherr auf Korfu 
betraut hat. Zu Ende geführt ist das Schwind- 
Denkmal von Otmar Schimkowitz, dem 
es darum zu tun war, den mannigfaltig über- 
lieferten Porträten das Wesentliche für ein 
typisierendes Bildnis zu entnehmen. 
Die Zahl der österreichischen Graphiker 
hat sich um einen vermehrt, denn Alois 
Hänisch zeichnet nun mit der Lithographen- 
kreide auf den Stein seine Landschaften 
oder ätzt sie in die Kupferplatte. Ferdinand 
Schmutzer, der hingegen von der Malerei 
ausgegangen ist und mitunter zu ihr zurück- 
kehrt, geht mit seinen Radierungen immer 
mehr ins große; alles frühere, auch das 
Blatt mit Professor Chrobak, der in der 
alten Klinik seine praktische Vorlesung hält, 
wird durch ein figurenreiches Porträtstück 
(„Baron Chertek stellt den Antrag, den Prä- 
sidenten der Kreditanstalt, Ritter v. Taussig, 
zum Gouverneur zu ernennen“) übertroffen, 
Rudolf Jettmar, der Maler-Radierer, hat den 
Karton für ein Mosaikgemälde am Neubau 
des Osterreichischen Museums angefertigt, 
nicht zum erstenmal an wichtigen dekorativen 
Aufgaben beteiligt. Leopold Stolba sucht 
in seinem Laboratorium-Atelier den alten ver- 
läßlichen Farben auf die Spur zu kommen 
und bemüht sich um die Druckfähigkeit der 
Monotypien. 
Unter den Malern ist nur einer der Mög- 
lichkeit beraubt, seine Jahresleistung der 
Ausstellung vollständig einzugliedern. In 
Linz hat nämlich Maximilian Liebenwein 
im Empfangsraum der „Allgemeinen Spar- 
kasse und Leihanstalt“ einen 20 m langen 
Fries an die Wand gemalt. Als ein leicht 
verständliches Sinnbild der sammelnden und 
der spendenden Wirksamkeit jenes Instituts 
nimmt die Mitte des Frieses ein Brunnen 
ein, dem Wasser zugetragen und aus dem 
solches geschöpft wird. Mit der Stadt und 
Ackerbreiten im Hintergrunde erscheinen 
die reale Werte schaffenden Gewerbe und 
Stände auf der einen Seite, den Taten der 
Barmherzigkeit und dem Wirken der Er- 
ziehung sowie der Künste gegenübergestellt. 
Die einzelnen Gruppen sind in ihrem Ver- 
hältnis zueinander übersichtlich entwickelt, 
die leise stilisierte Volkstracht und die Ge- 
stalten von modernem Zuschnitt passen sehr 
wohl zu dem streng prächtigen Goldgrund. 
Ein Zufall wollte es, daß eben jetzt einige 
der fremdländischen „korrespondierenden“ 
Mitglieder der Vereinigung in Wien daran 
sind, ihre neuesten Werke an die Offent- 
lichkeit zu bringen. Aber diese Arbeiten sind 
schon an dem Ort, für den sie bestimmt 
wurden, in ihre feste Umrahmung eingefügt, 
unweit vom Ausstellungshaus der Sezession, 
in dem neuen Gebäude der französischen 
Botschaft. Es ist bemerkenswert, daß Frank- 
reich einige der besten seiner Künstler auf- 
400
	        
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