Full text: XXXII. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession Wien

  
vermitteln zu wollen, vollkommen fern. Gerade die Kämpfe sind ihm willkommen, WEIL 
DER KAMPF LEBEN BRINGT. Übrigens ist der „Erdgeist“ eine absolut unabhängige 
Zeitschrift und bekennt sich zu KEINER Kunstrichtung. Wohl aber gewährt es ihm eine 
besondere Genugtuung, aus JEDER österreichischen Kunstausstellung möglichst viel Vor- 
treffliches und Unterschiedliches seinen Leserkreisen vermitteln zu können. Die Sonder- 
hefte werden also durchaus nicht uniform aussehen. Vielmehr wird es Sache der Künstler- 
gruppen sein, durch sorgliche Auswahl der Reproduktionen, durch Einteilung und innere 
Ausstattung der Hefte etwas ihr Charakteristisches zu schaffen. Gemeinsam bleiben nur 
das der künstlerisch wertvollen Wiedergabe überaus günstige Format, die vorzügliche Re- 
produktion, der billige Preis und vor allem das geschlossene Auftreten im Ausland und 
in den heimischen Provinzen. GUSTAV EUGEN DIEHL. 
Vorwort. 
Von Karl M. Kuzmany. 
Es war eine folgerichtige Wendung seines 
Schaffens, als sich Frank Brangwyn, der in 
farbigen Kontrasten schwelgende Maler, an 
die Kunst des Radierens hingab. Gestattet 
sie ihm doch die Verwirklichung seiner Ab- 
sicht, eine von reger Naturwahrheit durch- 
pulste Darstellung mit der auf rein zeich- 
nerische Mittel beschränkten Stilisierung zu 
vereinen. Immer schon war Brangwyn in 
seinen Gemälden auf dekorative Fernwirkung 
bedacht gewesen, die den Beschauer nicht 
erst heranzuzwingen braucht. Der Atzmaler 
nun strebt mit dem alle Freiheit gestatten, 
den Werkzeug nach demselben Ziel, das 
ihm übrigens seit jeher vorschwebte. 
Frank Brangwyns Herkunft und Bildungs- 
gang hatten darauf hingewiesen. Seine Eltern, 
die aus Wales stammten, waren zur Zeit 
seiner Geburt (1867) in Brügge ansässig, 
wo der Vater als Künstler der „Innendeko- 
ration“, vornehmlich in Kirchen, tätig war. 
Er gedachte sich in dem Sohne einen Ge- 
hilfen heranzuziehen und ließ ihn darum nach 
der Rückhehr in die Heimat die Londoner 
South Kensington Art Schools besuchen. 
Hier, so wird erzählt, fiel Frank, der eben 
nach einem Relief von Donatello zeichnete, 
dem Großmeister des modernen englischen 
Kunstgewerbes William Morris auf, so daß 
dieser ihn zu sich in die Lehre nahm. Drei 
Jahre harrte er bei dieser Schulung aus, bis er 
endlich, des Zwanges müde, archaisierend zu 
sehen und Vorzeichnungen für die Textil 
industrie zu übertragen, sich flügge fühlte. 
Als Angehöriger einer weltmächtig  see- 
fahrenden Nation bereiste Brangwyn alle 
Küstenländer des Mittelmeeres, den ganzen 
Orient, Nordafrika, Spanien, Italien. Daheim 
litt es ihn nur selten, auch nachdem er be- 
gonnen hatte, Ausstellungen zu beschicken. 
Die ersten Gemälde schon, seit dem Beginne 
der Neunzigerjahre, machten durch ihre Vor- 
würfe Aufsehen; sie schilderten ein Begräbnis 
auf hoher See, ein Gefängnisschiff, die 
Brandschatzung einer Stadt durch Piraten. 
Wie hier der Realismus und die Bewegtheit 
des Dargestellten, die zu Fabeleien über den 
Maler Anlaß gaben, so verblüffte dann die 
ungestüme Kraft seiner Farben, als frohere 
Volksszenen mit Musikanten und bacchischen 
Winzern, als legendenhafte Motive — die 
Gold, Weihrauch und Myrrhen darbringen- 
den heiligen drei Könige, Sankt Simon der 
Säulenheilige — ihn anzogen. Da war Brang- 
wyn zu seinem Stil gelangt, indem er die 
impressionistische Zeichnung zu immer 
festeren Umrissen bändigte und sie mit un- 
gebrochenen Farben reichlich füllte, mit 
einem tiefen Blau und satten Braun, mit 
schwelgerischen Purpurtönen, die in ver- 
haltener Glut wetteifern. Daß sie sich nicht 
vordrängen, dazu hat wohl die gelegentliche 
Beschäftigung Brangwyns mit kunstgewerb- 
lichen Arbeiten, die nicht den Tumult des 
Kolorismus, sondern ruhige Abwägung ver- 
langen, und die Erinnerung an die Vorbilder 
 
	        
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