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seiner Jugend beigetragen. Die Paneele,
welche er für den englischen Saal auf zweien
der Venediger internationalen Ausstellungen
gemalt hat, siegten über alle Schönfärberei
wie die klangvolle Stimme eines in lapidaren
Sätzen sprechenden Redners über wortreiche
Faseleien. Dasselbe galt in der graphischen
Abteilung von Brangwyns Radierungen, vor
denen er sich übrigens als Schwarz Weiß-
Illustrator für englische Zeitschriften und
Bücher betätigt hatte.
Noch mehr denn in seinen Gemälden er-
scheint Brangwyn in den Hervorbringungen
der Griffelkunst als der Kosmopolit und
als der Mann seiner Zeit. Er verweilt ebenso
gern im Orient und weiß Märchenstimmung
zu verbreiten, wie er das Volk bei der Ar-
beit auf den Feldern und in Fabriken und
Docks aufsucht, um die drohende Masse der
in harter Mühe Fronenden zu beobachten.
Und dem Reiz alter Architekturen gibt er
sich ebenso willig gefangen wie dem der
modernen Zyklopenbauten. Es läge nahe,
etwa den Abbruch des „Caledonian“, wo
neben dem abgetakelten Kriegsschiff mit
seinen leeren Stückpforten das Werkstätten-
schiff mit seinem Dampfkran lagert, als Ver-
gangenheit und Gegenwart zu symbolisieren.
Aber selbst in den Unterschriften der Blätter
wird kein Spiel mit Ausdeutungen ge-
trieben; die sinnliche Anschaulichkeit allein,
wie hell und dunkel gegeneinander verteilt
sind, daß dem ersten Überblick schon sich
der Organismus der Schattenkomposition
erschließt — das alles dient nur dem deko-
rativen Endzweck. Tief geätzt sind die Ra-
dierungen in ihrer Mannigfaltigkeit nirgends
zu Allerweltsglätte abgeschliffen; ungestüm
oder gar schroff in den Mitteln wahren sie
doch in ruhiger Gesamterscheinung ihren
Platz an der Wand.
Do
Ein Widerspiel zu Brangwyns Art, sich
als Radierer kund zu tun, aber immer in
den Grenzen desselben Kunstfaches, ist der
Dresdener Otto Fischer. Seine erste Jugend
in Leipzig, wo er im Juli 1870 zur Welt
kam, seine Studienzeit in der sächsischen
Hauptstadt bei einem Lithographen und
dann unter Prell an der Akademie, die öfter
unterbrochene Tätigkeit als Olmaler sind
nicht von nachhaltigem Einflusse gewesen;
selbst einige meisterliche Steinzeichnungen
dürfen nur als Intermezzo erwähnt werden.
Vor der Natur holte sich Fischer immer
von neuem Rat und sie lohnte es ihm reich-
lich, mochte es auf der Insel Rügen oder
im Riesengebirge sein, wo ihn der Atem
der Wahrheit unbeengt anwehte. Drohten
einmal die Eindrücke von fremden Künst-
lern, wie sie verführerisch genug die mo-
dernen englischen Landschaftsradierer an-
bieten, ihn zu übermannen, so besann er
sich immer beizeiten auf sein besseres Selbst,
auf seine ursprüngliche Begabung. Nichts
kann uns eindringlicher diese Einkehr bei
strenger Zucht weisen, als es die im Riesen-
gebirge entstandenen Pastelle vermögen.
Obenhin betrachtet, haben sie in ihrer Sach-
lichkeit bei der kompakten Wiedergabe der
atmosphärischen Vorgänge und der wenig
abwechselnden Motive nicht den lockeren
Reiz, der sonst solchen Arbeiten eigentüm-
lich ist. Was dann für den Künstler ein
nimmt, packend wie jede Energieäußerung,
ist das Ringen, das nicht davon läßt, es
segnete ihn denn. Da sieht man, wie Fischer
ganz zusammengefaßt bei der Arbeit ist,
einen ganzen langen Winter hindurch, zwi-
schen den Jahren 1905 und 1906, in denen
er zwei Mappen mit Ansichten aus dem
Hamburger Hafen und dessen Umgebung
herausgab. Sie sind viel einläßlicher in der
Behandlung, als es üblich ist, seit Whistler
und die nebenher einmal flüchtig mit der
Nadel hantierenden Impressionisten ton-
angebend wurden.
Wenn man auf Fischers fast zehn Jahre
früher entstandene Arbeiten zurückgreift,
etwa auf das vollendet gelungene Aquatinta-
blatt „Das Meer“ (1898) oder auf den „Blick
von Bornholm“ (1901), merkt. man, daß bei
ihm nicht bloß das rein technisch gewitzte
Verfahren am Werk ist. Je weiter seine Ent-
wicklung fortschreitet, desto mehr feinfühlig
wird das Erfassen der Nuancen, nicht der
Einzelheiten, die uns allein durch das Mittel
des Abtönens, ohne immer erst sichtbarlich
herausgestrichen zu werden, zum Bewußtsein
kommen. Die subtilste Kunst des auf der
Kupferplatte arbeitenden Graphikers, die
eine unfehlbare Sicherheit voraussetzt, gelingt
ihm, wenn er sich der „kalten Nadel“ be-
dient. Wie das zarte An- und Abschwellen
der Linien zu modellieren imstande ist,