Full text: XXXII. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler Österreichs Secession Wien

  
  
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seiner Jugend beigetragen. Die Paneele, 
welche er für den englischen Saal auf zweien 
der Venediger internationalen Ausstellungen 
gemalt hat, siegten über alle Schönfärberei 
wie die klangvolle Stimme eines in lapidaren 
Sätzen sprechenden Redners über wortreiche 
Faseleien. Dasselbe galt in der graphischen 
Abteilung von Brangwyns Radierungen, vor 
denen er sich übrigens als Schwarz Weiß- 
Illustrator für englische Zeitschriften und 
Bücher betätigt hatte. 
Noch mehr denn in seinen Gemälden er- 
scheint Brangwyn in den Hervorbringungen 
der Griffelkunst als der Kosmopolit und 
als der Mann seiner Zeit. Er verweilt ebenso 
gern im Orient und weiß Märchenstimmung 
zu verbreiten, wie er das Volk bei der Ar- 
beit auf den Feldern und in Fabriken und 
Docks aufsucht, um die drohende Masse der 
in harter Mühe Fronenden zu beobachten. 
Und dem Reiz alter Architekturen gibt er 
sich ebenso willig gefangen wie dem der 
modernen Zyklopenbauten. Es läge nahe, 
etwa den Abbruch des „Caledonian“, wo 
neben dem abgetakelten Kriegsschiff mit 
seinen leeren Stückpforten das Werkstätten- 
schiff mit seinem Dampfkran lagert, als Ver- 
gangenheit und Gegenwart zu symbolisieren. 
Aber selbst in den Unterschriften der Blätter 
wird kein Spiel mit Ausdeutungen ge- 
trieben; die sinnliche Anschaulichkeit allein, 
wie hell und dunkel gegeneinander verteilt 
sind, daß dem ersten Überblick schon sich 
der Organismus der Schattenkomposition 
erschließt — das alles dient nur dem deko- 
rativen Endzweck. Tief geätzt sind die Ra- 
dierungen in ihrer Mannigfaltigkeit nirgends 
zu Allerweltsglätte abgeschliffen; ungestüm 
oder gar schroff in den Mitteln wahren sie 
doch in ruhiger Gesamterscheinung ihren 
Platz an der Wand. 
Do 
Ein Widerspiel zu Brangwyns Art, sich 
als Radierer kund zu tun, aber immer in 
den Grenzen desselben Kunstfaches, ist der 
Dresdener Otto Fischer. Seine erste Jugend 
in Leipzig, wo er im Juli 1870 zur Welt 
kam, seine Studienzeit in der sächsischen 
Hauptstadt bei einem Lithographen und 
dann unter Prell an der Akademie, die öfter 
unterbrochene Tätigkeit als Olmaler sind 
nicht von nachhaltigem Einflusse gewesen; 
selbst einige meisterliche Steinzeichnungen 
dürfen nur als Intermezzo erwähnt werden. 
Vor der Natur holte sich Fischer immer 
von neuem Rat und sie lohnte es ihm reich- 
lich, mochte es auf der Insel Rügen oder 
im Riesengebirge sein, wo ihn der Atem 
der Wahrheit unbeengt anwehte. Drohten 
einmal die Eindrücke von fremden Künst- 
lern, wie sie verführerisch genug die mo- 
dernen englischen Landschaftsradierer an- 
bieten, ihn zu übermannen, so besann er 
sich immer beizeiten auf sein besseres Selbst, 
auf seine ursprüngliche Begabung. Nichts 
kann uns eindringlicher diese Einkehr bei 
strenger Zucht weisen, als es die im Riesen- 
gebirge entstandenen Pastelle vermögen. 
Obenhin betrachtet, haben sie in ihrer Sach- 
lichkeit bei der kompakten Wiedergabe der 
atmosphärischen Vorgänge und der wenig 
abwechselnden Motive nicht den lockeren 
Reiz, der sonst solchen Arbeiten eigentüm- 
lich ist. Was dann für den Künstler ein 
nimmt, packend wie jede Energieäußerung, 
ist das Ringen, das nicht davon läßt, es 
segnete ihn denn. Da sieht man, wie Fischer 
ganz zusammengefaßt bei der Arbeit ist, 
einen ganzen langen Winter hindurch, zwi- 
schen den Jahren 1905 und 1906, in denen 
er zwei Mappen mit Ansichten aus dem 
Hamburger Hafen und dessen Umgebung 
herausgab. Sie sind viel einläßlicher in der 
Behandlung, als es üblich ist, seit Whistler 
und die nebenher einmal flüchtig mit der 
Nadel hantierenden Impressionisten ton- 
angebend wurden. 
Wenn man auf Fischers fast zehn Jahre 
früher entstandene Arbeiten zurückgreift, 
etwa auf das vollendet gelungene Aquatinta- 
blatt „Das Meer“ (1898) oder auf den „Blick 
von Bornholm“ (1901), merkt. man, daß bei 
ihm nicht bloß das rein technisch gewitzte 
Verfahren am Werk ist. Je weiter seine Ent- 
wicklung fortschreitet, desto mehr feinfühlig 
wird das Erfassen der Nuancen, nicht der 
Einzelheiten, die uns allein durch das Mittel 
des Abtönens, ohne immer erst sichtbarlich 
herausgestrichen zu werden, zum Bewußtsein 
kommen. Die subtilste Kunst des auf der 
Kupferplatte arbeitenden Graphikers, die 
eine unfehlbare Sicherheit voraussetzt, gelingt 
ihm, wenn er sich der „kalten Nadel“ be- 
dient. Wie das zarte An- und Abschwellen 
der Linien zu modellieren imstande ist,
	        
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