Il. Heft. Wien, am 16. Jänner 1909. Jahrg. IV.
In Lebensfluten, im Tatensturmm OO Bin wechselnd Weben, UND ADO
Wall’ ich auf und ab, OO0DO000O0 Ein glühend Leben, HA AHAAAOO
Webe hin und her! QO0D00D0N0DO So schaf” ich am sausenden Webstuhl
Geburt und Grab, ON0D0H000N0D QAAD0A00000009000 der Zeit
Ein ewiges Meer, 0ODD0D0OODO Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid,
Goethe, Faust I.
’
ENENEENENEENBANNNENNENNANENRNNNNNNN
An die Besucher der Ausstellung!
An unsere Leser!
Die sichere Voraussicht, daß unser neugestalteter Katalog oder, wenn man will, die un-
gewohnten Darbietungen unseres Erdgeistheftes zunächst erstaunten Augen begegnen werden,
nötigt mich, die Absichten, die der Erdgeist dabei verfolgt, in wenigen Worten darzutun.
„Ein getreuer Spiegel des heimischen Kunstlebens sein,“ das steht im Programm des
„Erdgeist“ ganz im Vordergrund. Wir Osterreicher besitzen nicht nur reiche Kunstschätze
aus VERGANGENEN ZEITEN, wir haben auch ein reiches, vielgestaltiges Kunst-
LEBEN. Und wenn in den letzten Tagen einer unserer berufensten Kunstkritiker in der
ES
Tagespresse auf das „vergrabene Pfund“ hingewiesen hat, das in unseren öffentlichen und
privaten Kunstsammlungen nutzlos verscharrt liegt, so möchte ich diesen Vergleich in
gewissem Sinne auch auf unsere Kunstausstellungen anwenden,
Gewiß, unsere Wiener kunstfreundlichen Kreise besuchen die Ausstellungen! Aber
schon der nächsten Provinz bleibt nichts als hier und dort ein paar schlechte, wertlose
Bildreproduktionen und die knapp gehaltene Kritik der Tagesblätter. Und die Inter
essenten im Ausland hören und sehen viel zu wenig von unserer Kunst. Es ist fast, als
ob wir in einem Krähwinkel lebten.
Durch das liebenswürdige Entgegenkommen der Künstlerschaft sind wir in die Lage
versetzt, heute zum erstenmal mit einem wirklichen SONDERHEFT, das alles in bezug
auf die Ausstellung Wissenswerte enthält und wirklich als ein Dokument von bleibender
Bedeutung gelten kann, vor die Offentlichkeit treten zu können. Und daß der „Erdgeist“
bei diesem einen Versuche nicht stehen bleiben wird, dessen dürfen wir unser Publikum
heute schon versichern.
Ich meine, es gewinnen alle Teile bei dieser Neuerung. Den Besuchern wird nicht
ein Taschenbüchel von einstündigem Wert um teures Geld verkauft, sondern es erhält
einen Katalog, wie ihn, hinsichtlich der Reproduktionen, selbst die renommiertesten aus-
ländischen Ausstellungen nicht bieten, am allerwenigsten um einen so niederen Preis.
Und unserem Lesepublikum hoffen wir in Zukunft alle bedeutenden österreichischen
Ausstellungen in dieser umfassenden und gediegenen Form vor Augen führen zu können.
Dabei liegen dem „Erdgeist“ irgend welche Nebenabsichten und Anmaßungen, etwa
das österreichische Kunstleben zu uniformieren oder gar zwischen den kämpfenden Parteien
37