Full text: Oesterreichischer Kunst-Verein in Wien: Vom 1. bis inclusive 13. Dezember 1871

  
  
  
  
  
  
an dessen Fronte eine Statue der Mater-dolorosa sich befindet in der Rechten Hältı 
er einen Krückstock, womit er in.der Weise ‚eines Blinden nach „den.vor ihm 
knieenden gefesselten Ketzern, — Juden und Manren, = tastet. „Ihm, zu Füssen; 
liegen neben der biblia sacra , diesem Beweis-Instrumente in Glanbenssachen; die‘! 
confiscirten Geldbeutel, Schmuckgegenstände und, aus edlem. Metall gefrtigten 
Gefässe. Gierige Nände beschäftigen -sich eben ‚mit Hinwegränmung dieser Kost“) 
barkeiten. Im Hintergrunde zeigt sich der brennende Holzstoss hoch, über dem-! 
selben an Pfähle gebunden, bereits abgeurtheilte Leidensgefährten, den Tod. durch 
die züngelnden Flammen erwartend. Im weiten Kreise; aber. um den-flammenden 
Scheiterhaufen schreitet eine düstere Procession von Mönchen-hinter dem Bildnisse 
des Gekreuzigten, mit brennenden Kerzen in der Hand und Psalmen singend. Die 
Figur unter den Ketzern, welche, ihrer Stellung mitt2n im Vordergrunde nach, 
das Hauptinteresse beansprucht, ist die jugendliche Mutter, ein Weib in der 
üppigsten Blüthe ihrer Jahre. Der schöne gefesselte Leib windet si'h ängstlich, 
die gebundenen Hände suchen vergeblich ihren weinenden Knaben zu erreichen, 
Die Tochter hingegen hat ihre Arme um den Vater geschlungen, der, ruhig in 
sein Schicksal ergeben, niedergekniet ist, nnd verbirgt ihr Gesicht entsetzensvoll 
an seiner Brust, Neben divser Gruppe ragt hochaufgerichtet die schlanke Gestalt 
cines Jünglings, welche den freien Arm-olıne Todesfurcht und drohend dem In- 
quisitor entgegen streckt. Die Euergie der Charakteristik waltet in dieser Com- 
position, welche ein Seitenstück zu Lessing’s »Huss auf dem Scheiter- 
haufen« bildet, in so erschütternder Weise, dass es keiner weiteren Schilderung 
oder Erläuterung bedarf, und das Bild jedem Beschauer, der eines tiefen, blei- 
benden Eindruckes fähig’ist,,unvergesslich bleiben muss! 
b. König Jacob V. von Schottland 
eröffnet den obersten Gerichtshof zu Edinburgh. 
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Carton, 
W. von Kaulbach erhielt von Edinburgh aus, den, Auftrag, 1die Farben- 
Skizze zu einem Glasgemälde für die schottische Hauptstadt zu liefern? Das Thema 
war gegehen und gleichzeitig die Bedingung gestellt, die Porträtfiznren gewisser). 
Notabilitäten damaliger Zeit mit in den Ralımen hineinzubringen, ‘ Nachdem 
das Glasgemälde in, einer Münchener Anstalt, Verfertigt worden war‘, /entschlöss 
Sich,der Künstler „die Skizze noch einmal in verg+össertem' Massstabe als Carton 
auszuführen. Die Fünftheiligkeit des Fensters nöthigte den Meister zur Zerleguug 
seiner Composition. Diese Zergliederung wird dureh die Theilung der architek- 
tonischen Verhältnisse und durch die Scheidung der Structur in fünf Wölbungen 
_ der mit reicher Ornamen(ik gezierten Hinterwand gekennzeichnet... Im Mittelzaale 
{hront der souveräne Schottenkönig in der Fülle seiner Herrscherglorie. Auf dem 
Saalparquet haben sich in mächtigem Halbbogen die Granden und Stände-Reprä- 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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