‘ Auf der Terrasse vor dem kaiserlichen Palast, zu dem breite Marmar-
treppen hinan führen, steht Nero.im Gewande und mit der Strahlenkrone
Apollo’s: Wie im triumphirenden Grössenwahnsinn tritt er seiner Umgebung
nicht als Kaiser, sondern vielmehr als Gott entgegen, den überschäumenden
Becher erhebend und mit der Linken in die Saiten der Lyra greifend. Eine
Schaar üppiger Römerinen mit Kränzen. und Cymbeln drängt aus den
berühmten schattigen „Gärten des Nero“, welche mit ihren Hainen von Lor-
beeren, Granaten, Steineichen und Cypressen hinter den blumengeschmückten
Bogengängen und Säulen sich ausdehnen, nach dem Vordergrunde des
riesigen Palastes, um dem Kaiser als ihrem Gott ein Opfer darzubringen.
Von dem trunkenen Jubel, der Nero’s Gesang begleitet, wiederhallt der ganze
Palast, und Beifall klatschend beugt sich der Präfect Rom’s, Tigellinus, vor
dem kaiserlichen Sänger, Die übrigen Senatoren jedoch, darunter jener mit
‘ der Pergamentrolle, den Nero zu seinem Vorleser erniedriget hatte, blicken
mit Scham und zornfunkelnden Augen auf das Bacchanal und lassen bereits
eine drohende Verschwörung ahnen. Auch die trotzigen germanischen
Krieger auf den Stufen‘ des Palastes wenden‘ sich mit Abscheu von der
wüsten Scene ab.
Nero’s Lüste sind gesättigt. Um dem Feste ein prächtiges Ende zu
geben, verwandelt er die weiten Strassen vor den Marmortreppen in einen
Richtplatz für die christlichen Märtyrer, welchen er den Brand Rom’s zur
Last gelegt. Petrus wird an’s Kreuz geschlagen und Kriegsknechte sind
eben beschäftigt, es aufzurichten, so dass das Haupt des Apostelfürsten nach
unten gekehrt ist, Die neuen Anhänger, welche mit todesmuthiger Ver-
ehrung bei ihm ausharren, tragen das jüdische Gepräge, während Griechen
sich um den Heidenapostel Paulus schaaren. Dieser hat voll Fenereifer
seine Stimme: gegen die‘ Gräuel erhoben, die auf der Terrasse vorgehen,
während ein Lictor bereits das Richtbeil gegen ihn hervorzieht und ein
Scherge einen Geiselstrick gegen den Jüngling schwingt, welcher Gerech-
tigkeit und Schonung fordert, Links im Vordergrunde ist ein Bekenner des
Christenthums, in Thierfelle gekleidet, an einen Pfahl gebunden, wo er mit
Pech bestrichen, sammt anderen Leidensgenossen später als brennende
Fackel zur Verherrlichung des Festes leuchten soll; die Gattin hebt ihm
das Kind zum letzten Kusse empor. Andere Christen verharren in dumpfen
Schmerz und in Trauer versunken., Einige Mädchen weisen erregt nach den
Stufen aufwärts, wo eine der Ihrigen, um sich zu retten, zu den halbnackten
Götzendienerinnen hineilen will, doch von plötzlicher Scham ergriffen inne-
hält und’sich zu verhüllen sucht.
Das Christenthum in seiner geistigen Grösse, der sittliche Ernst der im
Vordergrunde des Gemäldes sich abwickelnden Vorgänge ist zur schwel-
gerischen Selbstvergötterung des entarteten Heidenthums in ergreifenden
Contrast gesetzt. Während das Heidenthum, welches uns der Meister mit
seiner ganzen Formenpracht in üppigster Lebensfülle vor Augen führt,
seine Orgien feiert, gehört die Zukunft bereits dem werdenden Leben des
jungen Christenthums.
Oelgemälde,