26. Vereinsjahr.
Kunf-Dorsin
IN WIEN, )
Stadt, Tuchlauben Nr. 8, im Schönbrunnerhause, I. Stock.
266. Ausstellung. Monat April 1876.
Auskünfte merden in der Direktions-Kanzlei ertheilt.
Katalogspreis 20 kr. 0e. W. |
_ Ausstellungs-Gegenstände:
1. Max Gabriel in München:
„Jesus Christus‘
(Das Antlitz Christi auf dem Schweisstuche der heil. Veronika.)
Das Bild war zuletzt in der »French-Gallery« zu London ‚bei dreimaliger
Verlängerung der Exposition und unsserordentlichem Andrange des Publicums
ein Jahr lang ausgestellt.
Die „Neue freie Presse‘ vom 9. März 1875 berichtete über das
ungewöhnliche Aufsehen, welches das damals zuerst in Prag, der Vatervstadt
des Künstlers, ausgestellte Gemälde erregte, mit folgenden Worten; »Es ist
ein sogenanntes Veronikabild,d.h. das nach der Legende auf’ dem Sch weiss-
tuche der heil. Veronika abgedruckte Antlitz des leidenden Christus... Wir
sehen ein uraltes, schon mehrfach schadhaftes Stück ziemlich groben
Gewebes, welches dem Stoffe dır Mumienhbüllen sehr ähnlich ist, mit
vier Nägeln ‚aufgespannt und’in der Mitte desselben das dornengekrönte
blutige Haupt; des Heilandes;. ein Bild, welches nach unten mit den
Schlagschatten des Bartes unbestimmt abschliesst. Es ist ein schönes,
edles, sehr schmerzliches Gesicht, im Allgemeinen dem traditionellen Typus
in veredelter Form entsprechend, jedoch keineswegs schematisch und nicht
ohne eine bestimmte Individualität. Täuschend nachgemachte Blutspuren
erhöhen den grausigen Realismus der Darstellung, welcher nur durch den
edlen Ausdruck des leidenden Gesichtes 'gemildert wird.“ Steht man vor
dem. Bilde, so sieht man das Antlitz des abgeschiedenen Christus, ge-
schlossene Augen, Ausdruck des Todes; nun aber tritt man zurück, und
siehe da, fast wie in den optischen Nebelbildern erscheinen die Augen immer
deutlicher geöffnet und auf dem richtigen Standpunet schauen sie uns mit
halb verschleiertem Blicke unendlich milde und liebevoll an, das Gesicht
wird lebend und bekommt einen wehmüthig ergreifenden Ausdruck.“
Die deutsche Kunstzeitung „Die Dioskuren“ in Berlin, berichtete
über das Gemälde wie folgt: »Auf gemaltem egyptischen Byssus wächst
lebensgross aus:;dem Grunde des dornendurchflochtenen dunklen Haares
das ‚wunderbar harmonische Antlitz. Christi ‚hervor, mit dem Ausdruck
unendlichen Friedens. Das Auge ist geschlössen, doch kaum ist man einige
Schritte zurückgetreten, so erhebt sich der Blick‘ und ‚ein Jebendes‘Gesicht
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