Die Münchner und Berliner Kritik nennt diese neueste Schöpfung des
_ berühmten Tiroler Meisters ein »g emaltes Trauerspiel«, so voll Lebens-
wahrheit, so sehr durchdrungen von der Macht der augenblicklichen Vorstellung,
dass es das Herz im Innersten rührt und erschüttert, und sie anerkennt es
rühmend, dass Defregger in dieser gemalten Tragödie des Unterganges des
treuesten und echtesten Repräsentanten eines Volkshelden weit über alles von |
ihm in dieser Richtung Geschaffene hinausgegangen sei; dieses Bild mit seinen
lebensgrossen Figuren reihe sich den edelsten Verherrlichungen der nationalen |
Helden eines Volkes durch dessen grösste Dichter und Künstler an; die gewaltige
Kraft und Wahrheit des leidenschaftlichen Schmerzausdruckes in den verwegenen,
echt tirolischen Köpfen dieser kriegsgehärteten Männer sei nicht zu schildern, |
Auch die »Bairischen Literaturblätter« weisen auf den erschütternden Eindruck
dieses mächtigen Bildes hin und erzählen von den Thränen, die man während der |
Münchner Ausstellung in den Augen der von dem Tiroler Helden heimkehrenden |
Damen beobachtete. — |
Aus dem finsteren Festungsthore von Mantua schreitet Hofer’s breit- |
brustige Gestalt, von den-Banden befreit, hinaus in das Licht des Morgens, das von
rechts aus dem Freien hereindringt. Ein Priester und die Soldaten. der Wache
folgen ihm, über deren Köpfe sich der tiefe Schatten der Thorwölbung breitef,
Während einige Stufen abwärts am Fusse des Walles das zur Vollstreckung der|
Execution commandirte Peloton, Gewehr im Arm, den Verurtheilten erwartet, |
drängen sich um den Helden und Märtyrer des tirolischen Volkes in den letzten |
Minuten seines Daseins die Genossen seiner todesmuthigen Kämpfe. Drei davon!
sind, wie vor einem Heiligen, vor ihm auf die Knie gesunken, der eine von ihnen |
presst weinend das Gesicht in seine Hände, die beiden andern haben Hofer’s Hand
erfasst, dieselbe küssend und 'sich daran. klammernd. Ein Anderer mit zer-|
schossenem Beine, auf die Krücke gestützt herbeihinkend, wühlt mit der Hand in}
den Haaren seines entblössten Hauptes, als könne er das Unglaubliche nicht fassen; |
die Stufen zum Wall hinan; nähert sich Einer, den verwundeten Arm in der Binde,
während vor ihm ein Anderer bitterlich weinend sich an die Mauer lehnt. Wieder
Andere sind dicht hinter dem Verurtheilten herangetreten und starren ihm, in
wildem Schmerz vorgebeugt, keines Wortes mächtig, in das treuherzige Antlitz.
Hofer selbst, — dessen starke Natur sich treu geblieben und die Vorschauer des!
Todes überwältigt hat, — schreitet ruhig den Kugeln entgegen. Nur das bittere|
“"Weh’ der treuen Gefährten und der Gedanke an sein aus tausend Wunden bluten- |
des Land Tirol wirft einen letzten trüben Schatten über seine männlichen Züge.
Er schüttelt die Hände der sich an ihn Klammernden zum Abschiede. Es ist, als!
hätte ein schmerzlicher Aufschrei eines seiner Gefährten, — ein schluchzendes!
»Fahr’ wohl, Hofer !« — seinen Blick zur Seite gezogen, er sieht schmerzlich und!
doch tröstend nach der Gruppe der hinter ihm nachdrängenden Gefährten zurück.
Das Stummberedte im Antlitz Hofer’s ist ergreifend wiedergegeben.«
Defregger hat. das halbe Reinerträgniss dieser Ausstellung
seines Gemäldes im Ocsterreichischen Kunstvereine für einen wohlthätigen
Zweck, — für seine verarmten Landsleute im Zillerthale, —
bestimmt.