Full text: Oesterreichischer Kunst-Verein in Wien: 324. Ausstellung ; April - Mai 883

  
Ausstellungs - Gegenstände: 
. Schnorr von Karolsfeld Ludwig Ferdinand (+ in Wien). Die Speisung 
der Fünftausend am See Tiberias. Oelbild. 
Geboren im Jahre 1789 zu Leipzig, erhielt Ludwig Ferdinand 
Schnorr, ebenso wie sein jüngerer Bruder Julius, den ersten Unter- 
richt von seinem Vater Hans Veit von Schnorr (welcher in späteren 
Jahren die Leipziger Akademie leitete), ging 1804 nach Wien, wo 
er die Akademie besuchte. Schon im Jahre 1818 gründete er seinen 
Ruf durch die »Beschwörungs-Scene« aus Goethe’s Faust, welche 
sich in der kaiserlichen Gemälde-Sammlung im Belvedere befindet, 
als deren erster Custos der Künstler im Jahre 1853 starb. 
Ueber das Colossal-Gemälde »Die Speisung der Fünftausend«, 
welches Ludwig Schnorr für das Refectorium der P. P, Mechitaristen 
in Wien ausführte, brachte die » Wiener Zeitung« vom 14. November 
1839, zugleich mit der Mittheilung über die Allerhöchsten Besuche 
Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin, der Kaiserin-Mutter 
und Ihrer kaiserlichen Hoheit der Frau Erzherzogin Sophie, welche 
damals das eben vollendete Wandbild im Refectorium der genannten 
hochw. Congregation bewunderten, einen äusserst rühmenden Kunst- 
Bericht, dem wir im Auszuge nachstehende Beschreibung der 
Composition entnehmen : 
„Die Berg-Predigt des Heilandes ist beendet. Hine grosse 
Menschenmenge ha® sich weithin auf dem Gestade des See’s Tiberias 
bis an die Abhänge des Gebirges gelagert. Vom Vordergrunde ange- 
fangen, wo die Gestalten über Lebensgrösse sich erheben, bis in den 
fernen Hintergrund, wo sie kaum einige Zoll erreichen, überblicken 
wir überall Leben, Handlung, Charakter und Ausdruck, Ein auf- . 
merksamer Beobachter hat mehr als 700 Köpfe gezählt, bei denen 
noch physiognomische Charakter-Bedeutung zu bemerken ist. 
Christus selbst steht in der Mitte des Bildes auf einer Erhöhung, 
welche die Umgebung beherrscht. Die Brote und die Fische sind 
ihm dargeboten und zwei der Brote sind bereits vertheilt, während 
er das dritte zum Himmel emporhält, betend, dass der Vater sie mit 
ihm segne und vermehre. 
Um den Heiland sind seine Apostel gereiht. Petrus bietet ihm 
knieend die Brote dar. Auch Johannes hat sich neben ihm auf die 
Knie geworfen, verloren in ein Dankgebet für die Verherrlichung 
  
  
  
 
	        
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