OEFSTERREICHISCHER
| KUNST-VEREIN
IN WIEN
STADT, TÜCHLAUFEN N" 8, IM SCHÖNBRUNNERHAUSE, I. STOCK.
FREMDEN-SAISON: JUNI,
33. VEREINSJAFRK: Nr 325. AUSSTELLUNG.
JULLUND AUGUST 1883.
Auskünfte werden in der Directions-Kanzlei ertheilt.
COLLECTIV-AUSSTELLUNG
DER K. K. HOFTHEATER-MALER
CARL BRIOSCHI, HERMANN BURGHART UND JOHANN KAUTSKY.
1. Das Colossal-Gemälde:
WIEN’S TODESANGST 1683.
(In hoc stgno VInNCES.)
lie letzte Nacht der Türken-Bedräng-
niss — die Nacht vom ıı. auf den
12. September 1683 — lag über Wien
wie ein fürchterlicher Traum, wie ein schlum-
merndes Ungeheuer, das jeden Augenblick
erwachen konnte. Belagerte und Belagerer
wussten, dass die kommende Morgensonne
das blutige Ringen der Entscheidungs-
schlacht beleuchten werde. Die Feuerzeichen
auf den Bergeshöhen mahnten die zu Tod er-
schöpfte, unter Feuer und Rauch halb-
begrabene Stadt nicht zu verzagen, und die
Osmanen an das bevorstehende Hervor-
brechen der christlichen Entsatztruppen.
Wien lag in den letzten Zügen, wie
Freiherr von Hormayr in seiner Geschichte
Wien’s sich ausdrückt. Das Schicksal der
Stadt, welche in diesem Kampfe auf Leben
und Tod nicht nur den Schild der öster-
reichischen Monarchie,
sondern auch
Deutschlands, ja vielleicht Europas bildete,
stand auf dem Spiele, wenn an den Mauern
dieses Bollwerkes der christlichen Gesittung
und Bildung nicht die blutgefärbten Wogen
der barbarischen Fluth des Orients ab-
prallten, sondern dasselbe überwältigten.
Seit die Morgensonne des 14. Juli vor
der von aller Verbindung abgeschlossenen
Stadt die neu aufgetauchte, ungeheuere,
bewegliche Stadt Kara Mustapha’s —
ein Meer von 25.000 Zelten und die von
Heeresmassen, Pferden, Kameelen und jeder
Gattung Schlachtvieh wimmelnde Wagen-
burg der Türken — zum ersten Male be-
schienen ‚hatte, waren an den. belagerten
Wienern sechzig Schreckenstage Vorüber-
gezogen. Die Besatzung, von dem Helden
Starhemberg geleitet. und von den
rühmlichsten Anstrengungen der ganzen
Bürgerschaft und der Studenten, die ge