Full text: Oesterreichischer Kunst-Verein in Wien: November 1885

  
I. Tages-Ausstellung. 
. 1. Wagner. Carl in Düsseldorf. 
„Bismarck in Versailles.“ 
(Zusammenkunft des deutschen Reichskanzlers mit dem Präsidenten 
Thiers und dem Minister Jules Favre am 26. Februar 1871 wegen 
Abschluss des Präliminar-Friedens.) 
Die dritte ‚deutsche Armee unter des Kronprinzen Führung langte 
bekanntlich während der zweiten Septemberhälfte 1870 vor Paris an, 
Im ersten stürmischen Anmarsche drängte sie die Vertheidiger der jungen 
Republik von den beherrschenden Höhen hinab hinter die Wälle ihrer 
Forts und‘ Aussenwerke. Im Norden und Osten den Waffenbrüdern der 
ersten Armee die Hand reichend, schloss sie den undurchdringlichen 
eisernen Ring um die Riesenstadt. Aber die im October bereits für 
immer vernichtet geglaubte Loire-Armee erstand wie die Hydra immer 
Wieder lebendig und furchtbar aus ihrem Blute. Die opferreichen Aus- 
fallsgefechte der Pariser gegen die einzelnen Glieder der Cernirungs- 
Kette, im Vereine mit dem hartnäckigen Widerstande jener gleichsam 
aus dem Boden gestampften Heere, liessen bereits Anfangs December 
keinen Zweifel mehr übrig, dass die Hoffnungen einer schnellen 
Bezwingung des grossen Babel sanguinische Illusionen gewesen waren. 
Die oberste Heeresleitung, das denkende und wollende Gehirn des 
ungeheuern deutschen Truppenkörpers, hatte Versailles zum Sitze gewählt. 
Hier war es, wo die Unterhandlungen wegen des Präliminar-Friedens am 
26. Februar 1871 zum Abschluss gelangten. Des Jangen aufregenden 
Unterhandelns müde, hatte sich Graf Bismarck ungestüm von seinem 
Sitze erhoben und die Hand nach den auf der Tafel liegenden Acten- 
stücken ausstreckend die entscheidenden Worte gesprochen: »Ich will 
nicht, dass ınan später sagt, die Feder hat Verdorben, was das Schwert 
errungen«. Diesen welthistorischen Moment — gleichsam die Schluss- 
scene der stürmischen Unterredung, — veranschaulicht das Gemälde 
Carl Wagner’s, welches am diesjährigen ersten April (als dem Geburts- 
tage des deutschen Reichskanzlers) zuerst in der Kunsthalle von Düssel- 
dorf zur öffentlichen Ausstellung gelangte, und von welchem der »Düssel- 
  
 
	        
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