Full text: Oesterreichischer Kunst-Verein in Wien: November 1889 ; Abend-Ausstellung

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rothe Blut entrieselt.ı Wir sehen darunter eine halb kindliche Schwärmerin, 
die, in. ungegürtete, weisse Gewänder gekleidet, das liebliche Antlitz in 
frommer, gläubiger, - reiner Verzückung” aufwärts gerichtet, die Hände 
zum Gebet gefaltet, nahe dem Führer in dem Zuge mitschreitet. Auf 
der ‚anderen Seite tragen Geisselbrüder auf Querstangen ein Lager daher, 
auf. welchem. ein todtkranker Knabe "in Bettkissen ruht. Weiber und 
Männer ‚aus dem Volke drängen sich in leidenschaftlicher Hast heran, 
beugen sich über das blasse Kind, fassen seine Hände; als obsie von 
seiner. Berührung ihr Heil ‚erwarteten. 
Tiefer zurück kommt. ein greiser, /weissbärtiger Bischof (im Ornat, 
auf (einem. mit weissen‘ Decken behängten: Pferde sitzend), (den ‚nur die 
stützenden nackten Arme ‚der neben ihm schreitenden! Geissler ' dort auf- 
recht erhalten, inmitten der. Schaar. Hin grosses; blutrothes‘ Banner und 
andere Fahnen: wallen im- Winde über derselben. 
Hier ist ,Freilicht-Malerei‘, wie sie sein 'soll und diesen 
Namen: verdient. « ı— =— 
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Der Kunstschriftsteller, E.m. R.am.z on 1 schreibt in; der. »Neuen 
Freien Presse« vom! 30. Juli d. J. Nachstehendes: 
»Es ist ‚etwa zehn Jahre her, ‚dass ein junger ‚Deutsch-Amerikaner, 
hell von Auge/und Haar, aus seiner Heimat! in. München anlangte, mit 
dem ‚festen. Entschlusse, Maler zu werden, Schlank gebaut, elastisch in 
seinen. Bewegungen, den ‚Ausdruck ‚von: Geist und Energie. in Miene 
und. Haltung, hatte‘ er, ‚den Niemand in der Kunststadt an der Isar 
kannte, und, dem ‚da, Alles fremd war, es trotz seiner! knappen finanziellen 
Verhältnisse gewagt, über, das, Meer ‚zu fahren, und seine Schritte) hieher 
zu lenken, um, dem. mächtigen inneren; Drange zu genügen, das, was 
ihm. in Kopfe und, Herzen „lebte, in! Zeichnung und‘ Farbe zum Aus- 
druck. zu bringen. Sein guter „Stern ‚wollte. es, dass er, dessen bedeu- 
tendes. Talent ebenso unverkennbar war, als ‚seine Anfängerschaft, in der 
Schule des, Professors Hermann Lindenschmit Aufnahme. fand; 
wo.‚er in/der That Alles, lernen konnte, dessen ‚er‘ bedurfte, um ein Tich- 
tiger. Geschichtsmaler. zu! werden‘; ‚er war eben ‚eine künstlerisch‘ stark 
veranlagte Natur, die: nur ‚nach Schulung verlangte, um Hervorragendes 
zu, Tage zu. fördern. Aus dem Jüngling,‘ der ’so muthig. den; alten 
Spruch: „Dem Starken‘ gesellt: sich das Glück‘ zu seinem Leitmotive 
erkor, ich nun, ein reifer Mann, ein vollendeter Künstler, geworden, 
dessen Name, Karl Marr, bald aller Welt geläufig sein wird, und 
dessen Vaterstadt Milwaukee ihn schon heute als einen ihrer aus- 
  
 
	        
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