SABINE GRABNER CURATOR‘S CHOICE
01/2022
GEMALT FÜR KAISER FERDI NAND I. VON ÖSTERR EICH:
I DUE FOSCARI VON MICH ELANGELO GRI GOLETTI
—SabineGr abner
12Vgl. Leo Andergassen (Hg.), Ed uard Gurk. Der Gri ff nach der Krone. Die Krönungsreisen Kaiser Ferdinands I. nach Prag, Tirol und Mailand (Ausst.-Kat. Landes-
museum Schloss Tirol ), Bozen 2013.
Lord Byron, TheT woFoscari, eine historische Tragödie in fünf Akten, Ersterscheinung 1821.
er österreichische Kaiser Ferdinand I. beauftrag te im Herbst 1838 den
Maler Michelang el o Grig oletti , ein Bild für die k a iserliche Gemälde-
galerie zu malen. Ferdinand war damals in h och offiziell er Missi on in Ober-
italien unterwegs, Anlass war seine Krönung zum König des Lombardo-
v enezia nischen Reiches am 6. Sept ember 1838 in Mailand. Um dieses
bedeutende Ereignis reihten sich in dich ter Folge zahlreiche offizielle T er mine,
die den Monarchen vom Comer See über Parma und Verona bis nach V enedig
führten. 1 Ein wichtig er Punkt im protokollarisch f estgelegt en Reiseprogramm
war der Besuch der Ausstellungen in den Akademien von Mailand, Bergamo
und V enedig , die dem hohen Besuch zu Ehren veranstaltet wurd en und dem
K aiser Gel eg enheit boten, Kunstwerke zu erwerben oder Künstlerinnen und
Künstler mit der Fertigung von Gemälden und Skulpturen zu beauftragen.
Einer von diesen war Michelan gelo Grig oletti , ein aus Pordenone stam-
mender Maler , der im Historienfach und als Porträtist im V enedig der 1830er-
Jahre Anseh en erlang t hat te. Das Bildthema war ihm freigestellt, und so
wählte er eine Episode aus Lord Byr ons historischer T ragö die TheT woFosca-
ri2 – ein damals populäres Stück, das auch von Giuseppe Verdi als Vorlage
Die dargestellte Geschichte trug sich Mitte des 15. Jah rh underts in V enedig zu. Francesco Foscari war 34 Jahre lang Doge der
S eer epublik und damit der am längsten amtierende Regen t der Serenissima. Sein sch merzlich stes Erlebnis war die V erbannung sei-
nes Sohnes Giacomo auf die Insel Kreta, die er trotz seines hohen Amtes nicht verhindern konnte. Das Gemälde zei gt, wie er sich
im Kreise sein er Familie und im Beisei n von einig en Bea mten vom Schicksal des Soh nes dista nzier t und damit von ihm Absch ied
nim mt. Der Ort des Geschehens ist ein Raum im Dogenpalast, durch die Fenster ist eine Bleikup pel auf dem Dach der Basilika von
San Marco zu seh en. Das Thema erfreute sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Oberi talien großer Beliebtheit. So schuf etwa
auch der Komponist Giusep pe Verdi auf dies er Basis seine Oper IdueFoscari. Neben Michelang el o Grig oletti beh andelte auch
Fr a ncesco Hayez das Geschick der F amilie Foscari in einem Gemälde. Beide Werke entst anden 1840 und 1843 für die kaiserliche
Gemäldegalerie in Wien, der Auftragg eber war Kaiser Ferdinand I., der in seiner Sammlung als König von Lombardo-V en etien auch
die Gemälde und Skulpturen der bedeutendsten Künstlerinnen und Künstler aus dieser Region v ertreten haben wollte. Hay ez’
Gemälde wurde nach dem Zu samm enbruch der Monarchie mit eini gen w eiteren Ar beiten, dar unter Werke von Giusepp e Molteni,
Domenico I nduno und Andr ea Appiani, bei einer V ersteigerung in Mailand veräußert, die Skulpturen von Innocenz o Fraccaroli und
Democrito Gandolfi befinden sich seit den 1890er-Jahren im Kunsthistorischen Museum in Wien. Unter den im Belvedere verbliebe-
nen Werken aus der Zeit des K önigreich s Lombardo-V enetien befinden sich Gemälde von Luigi Sabatelli, Giusep pe Bisi, Giuseppe
Diotti und eben IdueF oscar iv on Grig o letti.
ABSTRACT
1 D