MIROSLAV HAĽÁK CURATOR‘S CHOICE
# 4 / 2022
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ABSTRACT
PATHOS DES APOL LON. EINE BILD ANTHROPO-
LOGISCHE ANAL YSE DES WERKS APOLLO,
DIE PESTPFEI LE AUSSENDEND (UM 1920) VON
ALEXAND ER ROTHAUG
MIROSLAV HAĽÁK
Am Beispiel von Alexander Rot haugs Apollo, die Pestpf eile aussen dend (um 1920) wird in drei Stufen eine ikonologisch-
bildanthropologische Anal yse u nternomm en, die unter anderem auf die Ambivalenz dieses mythischen Su jets aufmerksam
mach en soll. Wie aktuell kann die Da r stellung eines antik en G ottes sein? Ist in d iesem Zusammenhang überhaupt das
Wort „aktuell“ relevant? Eine schematisch geor dnete K omposition, anatomisch übertriebe ne Figuralität und eine Motiv-
vorlage aus der Heldenwelt der Antik e bergen viel mehr, als dass es sich nur um ein Beispiel eines späten Nac hklangs der
sy m bol istischen Kunst in Österr eich handeln wür de. Anhand eines symbolisch aufgeladenen Bildes, welches zusätzlich
noch durch die Per son des Autor s ideolo gisch kontaminiert ist, l assen sich viele Problemfelder aufgreifen, die in den j üngs-
ten politisch-sozialen Entwickl u ngen ihr Gegen über finden. Im Pathos des antiken Got teswesens wird die Üb ert rie benheit
zum Zeichen der Zeit, wel ches auf den Zerfall wie auch auf den leer en Glanz einer ganzen Nachkriegsgeneration hinw eist.
Eine wichtige Frage für die Museologie ist, wie mit sol chen Werken umgegangen werden soll und welche Bedeu tungsebe -
nen für die jew eilige Kultur epo che heik el und provokant sein können. Erst durch kritische Interpretation der breiteren
soziopolitischen Aspekte im diachronen Horizont können kontroverse Theme n eines Bildes überhaupt sichtbar werden,
und sch ließlich kann erst dank deren K enntni s eine legitime Präsentationsstrategie entworfen werden.
Using the example of A lexander Rothaug's Apollo sending out the pla gue arrows (around 1920) , an iconol ogica l-picto -
rial anthr opological ana lysis is undertaken in three stages, which is intend ed, among other things, to draw attention to
the ambiv a lence of this myt hical su bject. How topica l can the depiction of an ancient god be? Is the word “ up-to-date ”
relevant in this context ? A schematically ordered c omposition, anatomically exag ger ated figurality and a motif taken from
the world of heroes in antiquity contain much more than just an example of a late aftertaste of symbolist art in Austria .
On the basis of a symbolically charged image, which is also ideol ogica lly contamin a ted by the per son of the autho r , many
pr oblem areas can be addr essed that find their counterpart in the most r ecent pol itical and so cial developments. In the
pathos of ancient gods, exaggeration becomes a sign of the tim es, pointin g to the decay and empty splendor of an entir e
post-war generation. An important question for museology is how such works shoul d be dealt with and which levels of
meanin g can be sen sitiv e and provocative for the respective cultural epoch . Only thr ough critica l interpr eta tion of the
broader socio-political aspects in the diachronic horizon can controversial themes of an image become visible at all, and
ultimately only thanks to this kno wledge can a legitimate presentation strategy be de signed.