Full text: Oesterreichischer Kunst-Verein in Wien: 267. Ausstellung ; Monat Mai 1876

4. Virgilius auf dem Hohentwiel. 
„Die Thüre von Ekkehards Gemach nach dem Gauge hin hatte Praxe 
dis weit aufgesperrt. Er ging hin und wollte sie zulehnen, die Herzogin aber 
hielt ihn zurück: „Kennt Ihr die Welt noch nicht?“ Ekkehard wusste nicht, 
was das heissen solle. Jetzt las er ihnen das erste Buch von Virgilius Helden 
diclitung. Seine Stimme war voll und tönend und klang ein wohlthuend 
Gefühl inneren Verständnisses durch.“ (Schelf. Ekle. 7. Cap.) 
Carton von Josef Herterich in München. 
5. Audifax, der Ziegenhirte, und seine Gefährtin Hadumoth. 
„Jetzt trieb Hadumoth ihre Gänse auf die Berghalde herunter und da 
sie der Ziegen Glöcklein drüben läuten hörte, sah sie sich nachdem Hirten um. 
Und sie erschaute ihn, wie er weinte. Da legte Hadumoth ihren Arm um seine 
Schultern, wendete sein Haupt zu sich herüber und sprach betrübt „Audifax, 
wenn du weinst, so will ich mit Dir weinen.“ 
(Scheff. Ekk. 8. Cap.) 
Carton von Josef Flüggen in München. 
6. Die Mönche in der Hunnenschlacht. 
„Um das St. Gallische Feldzeichen war ein erlesen Häuflein geschaart, 
Noch flatterten die schwarzen Wimpel vom Bilde des Gekreuzigten. Aberder 
Kampf war hart. Mit Wort und Tliat feuerte Ekkehard die Genossen an, 
Widerpart zu halten. Es war Ellak, der Hunnenführer selber, der gegen sie 
anritt. Leichen erschlagener Männer undRosse lagen in wildem Durcheinander. 
Schon wankte das hochgehaltene Kreuz, von unablässigen Geschossen um 
schwirrt.“ (Scheff. Ekk. 14. Cap.) 
Carton von Wilhelm D i e t z in München. 
7. Hadumoth im Gebete. 
„Wie die Sonne jenseits der Wälder zur Ruhe gegangen war, hielt sie 
eine Weile : Jetzt läuten sie zu Hause den Abendsegen, sprach sie, ich will 
beten. Und sie kniete in der Bergeinsamkeit und betete, erst für Audifax, 
dann für die Herzogin, dann für sich — und Alles war stille ringsum. Sie 
hörte nur ihr eigen pochend Herz.“ (Scheff. Ekk. 15. Cap.) 
Carton von Gabriel Max in München. 
8. Herzogin Hadwig und der Klosterschüler ßurkard. 
»Da schlang Frau Hadwig ihre Arme um den Knaben, hob ihn 
empor und küsste ihn auf Lippe und Wange und tliat schier kindisch mit 
ihm. Einstweilen sollst Du von meinen Lippen etwas Anderes pflücken als 
Griechisch, sprach sie scherzend und küsste ihn noch einmal, — jetzt aber 
sei so brav wie vorhin und sag’ schnell noch ein paar leichthingleitende 
Verse. Ekkehard war an’s Fenster getreten und schaute nach den Alpen.« 
(Scheff. Ekk. 19. Cap.) 
Carton von Josef Flüggen in München. 
9. Erzählungen aus deutscher Heldensage. 
»Er aber hub mit klangloser Stimme an: Es isteine kurze Geschichte. 
Es war einmal ein Licht, das leuchtete hell und leuchtete von einem Berge 
hernieder, und leuchtete in Regenbogenfarben uud trug — eine Rose im 
Stirnband. Und es war einmal ein dunkler Nachtfalter, der flog zum Berg 
hinauf und flog um das Licht, und wusste, dass er verbrennen müsse, wenn er 
hineinflöge und flog doch hinein, uud das Licht verbrannte den Nachtfalter, 
da ward er zurAselieund vei'gass des Fliegens. Amen.« (Scheff.Ekk. 20. Cap.) 
Carton von Claudius Schraudolph in München, 
10. Frau Hadwig und Ekkehard in der Kirche. 
»Krank? sprach er — es ist nur eine Vergeltung. Vor Jahr und Tag 
am Pfingstfest, da es noch keinen hohen Twiel für mich gab, hab’ ich beim
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.