4. Virgilius auf dem Hohentwiel.
„Die Thüre von Ekkehards Gemach nach dem Gauge hin hatte Praxe
dis weit aufgesperrt. Er ging hin und wollte sie zulehnen, die Herzogin aber
hielt ihn zurück: „Kennt Ihr die Welt noch nicht?“ Ekkehard wusste nicht,
was das heissen solle. Jetzt las er ihnen das erste Buch von Virgilius Helden
diclitung. Seine Stimme war voll und tönend und klang ein wohlthuend
Gefühl inneren Verständnisses durch.“ (Schelf. Ekle. 7. Cap.)
Carton von Josef Herterich in München.
5. Audifax, der Ziegenhirte, und seine Gefährtin Hadumoth.
„Jetzt trieb Hadumoth ihre Gänse auf die Berghalde herunter und da
sie der Ziegen Glöcklein drüben läuten hörte, sah sie sich nachdem Hirten um.
Und sie erschaute ihn, wie er weinte. Da legte Hadumoth ihren Arm um seine
Schultern, wendete sein Haupt zu sich herüber und sprach betrübt „Audifax,
wenn du weinst, so will ich mit Dir weinen.“
(Scheff. Ekk. 8. Cap.)
Carton von Josef Flüggen in München.
6. Die Mönche in der Hunnenschlacht.
„Um das St. Gallische Feldzeichen war ein erlesen Häuflein geschaart,
Noch flatterten die schwarzen Wimpel vom Bilde des Gekreuzigten. Aberder
Kampf war hart. Mit Wort und Tliat feuerte Ekkehard die Genossen an,
Widerpart zu halten. Es war Ellak, der Hunnenführer selber, der gegen sie
anritt. Leichen erschlagener Männer undRosse lagen in wildem Durcheinander.
Schon wankte das hochgehaltene Kreuz, von unablässigen Geschossen um
schwirrt.“ (Scheff. Ekk. 14. Cap.)
Carton von Wilhelm D i e t z in München.
7. Hadumoth im Gebete.
„Wie die Sonne jenseits der Wälder zur Ruhe gegangen war, hielt sie
eine Weile : Jetzt läuten sie zu Hause den Abendsegen, sprach sie, ich will
beten. Und sie kniete in der Bergeinsamkeit und betete, erst für Audifax,
dann für die Herzogin, dann für sich — und Alles war stille ringsum. Sie
hörte nur ihr eigen pochend Herz.“ (Scheff. Ekk. 15. Cap.)
Carton von Gabriel Max in München.
8. Herzogin Hadwig und der Klosterschüler ßurkard.
»Da schlang Frau Hadwig ihre Arme um den Knaben, hob ihn
empor und küsste ihn auf Lippe und Wange und tliat schier kindisch mit
ihm. Einstweilen sollst Du von meinen Lippen etwas Anderes pflücken als
Griechisch, sprach sie scherzend und küsste ihn noch einmal, — jetzt aber
sei so brav wie vorhin und sag’ schnell noch ein paar leichthingleitende
Verse. Ekkehard war an’s Fenster getreten und schaute nach den Alpen.«
(Scheff. Ekk. 19. Cap.)
Carton von Josef Flüggen in München.
9. Erzählungen aus deutscher Heldensage.
»Er aber hub mit klangloser Stimme an: Es isteine kurze Geschichte.
Es war einmal ein Licht, das leuchtete hell und leuchtete von einem Berge
hernieder, und leuchtete in Regenbogenfarben uud trug — eine Rose im
Stirnband. Und es war einmal ein dunkler Nachtfalter, der flog zum Berg
hinauf und flog um das Licht, und wusste, dass er verbrennen müsse, wenn er
hineinflöge und flog doch hinein, uud das Licht verbrannte den Nachtfalter,
da ward er zurAselieund vei'gass des Fliegens. Amen.« (Scheff.Ekk. 20. Cap.)
Carton von Claudius Schraudolph in München,
10. Frau Hadwig und Ekkehard in der Kirche.
»Krank? sprach er — es ist nur eine Vergeltung. Vor Jahr und Tag
am Pfingstfest, da es noch keinen hohen Twiel für mich gab, hab’ ich beim